Neustadt Große Gefühle

Neustadt. Vor ausverkauftem Haus im Herrenhof Mußbach präsentierten Tenor Markus Ullmann und Pianist Alexander Schmalcz ihren Liederabend unter dem Motto „Frühlingserwachen“.

Der Komponist Robert Franz, ein Zeitgenosse und Freund Robert Schumanns, hat viele Gedichte Heinrich Heines vertont, mit, wie Schumann selbst urteilte: „Fleiß der Auffassung, der den Gedanken des Gedichtes bis auf das Wort wiedergeben möchte.“ Viele der Gedichte stammen aus Heines „Buch der Lieder“. Von Robert Franz trugen Tenor Markus Ullmann und Pianist Alexander Schmalcz acht Lieder vor, die sich auch in Schumanns Liederzyklus „Dichterliebe“ finden, sowie vier weitere. Sowohl die Franz-Lieder als auch die Schumann-Lieder begannen mit „Im wunderbaren Monat Mai, wenn alle Vöglein singen, da ist in meinem Herzen die Liebe aufgegangen...“ Und schon ist der Zuhörer mittendrin in der Romantik, poetisch und musikalisch. Dichter und der Sänger sind Teil der Natur, der Frühling weckt Frühlingsgefühle – es geht ihm wie dem Schmetterling, der in die Rose verliebt ist. Hier entfaltet sich die Bildsprache der Romantik. Die Liebe, ihre Wonne und ihr Schmerz, durchzieht alle Lieder, umfasst alle Gefühle, von tiefer Traurigkeit – „Ich hab im Traum geweinet“ bis hin zu „Sterne mit den gold’nen Füßchen“. Gefühlvoll musste man sein und es auch zeigen können, auch Ströme von Tränen, sei es vor Liebesfreud sei es vor Liebesleid waren nicht nur akzeptabel, sondern erwünscht und wurden poetisch und musikalisch ausgearbeitet. Den zwölf Liedern von Robert Franz folgten zuerst einmal fünf Kinderlieder von Max Reger (Neue Kinderlieder op. 142), ein Kontrast in der Musik, aber in den Texten ebenfalls romantisch. Diesmal aber ging es um die Mutterliebe und die Sorge für ihre Kleinen, auch hier geschmückt mit Schwalben, Rosen und Engeln. Nach der Pause folgte Robert Schumanns Dichterliebe. Hier wurde klar, warum die Lieder von Robert Franz sehr viel weniger bekannt sind als die von Schumann. Wenn auch im ersten Teil die dem Publikum nicht vertrauten Franz’schen Lieder vielleicht etwas darunter litten, dass der Flügel im Vergleich zur Stimme manchmal etwas zu laut war und die Lieder zu schnell hintereinander gesungen wurden, so dass es nicht leicht war, sie im Ohr nachklingen zu lassen und recht zu würdigen, so war doch die größere Musikalität, der Variantenreichtum, die Fülle der Ideen bei Schumann überdeutlich. Man merkte Sänger und Pianist an, dass sie in diesem Zyklus ganz zu Hause waren. Locker, mit zurückhaltender, aber überzeugender Gestik und Mimik sang Marcus Ullmann die Lieder mit eindringlicher Dramatik und großer Zartheit. Da fließen nicht nur die Tränen, hier wallt der Zorn: In „Ich grolle nicht“ tut er es nämlich hörbar doch. Ganz im Sinne der ironischen Brechung romantischer Gefühle bei Heine werden „Die alten bösen Lieder“ zusammen mit Liebe und Schmerz in einen großen Sarg gepackt und versenkt. Die Abstimmung zwischen Pianist und Sänger war perfekt, Ersterer hatte mehr zu tun, mehr Vorspiele und Nachspiele, viel mehr dramatische Akzente als in den Liedern von Robert Franz. Marcus Ullmanns Stimme, immer mit großer Sicherheit, mit großem Tonumfang, einem hellen aber nie metallisch klingenden Tenor und warmen vollen Baritontönen in den niederen Lagen begeisterte das Publikum ebenso wie das Spiel von Alexander Schmalcz. Die beiden steigerten sich gegenseitig, das Publikum war begeistert und erklatschte sich zwei Zugaben. Die Neustadter Stiftskantorei wird gemeinsam mit dem Herrenhof diese Musikreihe am 15. März mit dem Konzert „Zurück in die Zukunft“ fortsetzen. (inki)

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