Über den Kirchturm hinaus Gottes Lichtstrahlen und aufmunternde Momente

Jochen Keinath
Jochen Keinath

Zu manchen Zeiten leuchten die Tage fast wie von selbst. Bei der Geburt eines Kindes zum Beispiel. Oder an Weihnachten. Dachte ich jedenfalls. Doch im letzten Jahr kam es anders. Krampfartige Schmerzen im Bauchraum, dunkle Vorahnungen. Der Hausarzt weist mich ins Krankenhaus ein. Meine Gemeinde ohne Pfarrer, gerade jetzt – da kann man doch nur schwarz sehen, oder? Nicht so meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die hielten zusammen, weil in den Jahren zuvor viel Vertrauen gewachsen war. Und sie schafften es, alle geplanten Gottesdienste zu feiern. Für mich eine Erfahrung, die das Weihnachtslicht auf ganz besondere Art strahlen ließ. Bis zu mir, dem Patienten im Krankenhaus.

Die OP verlief Gott sei Dank gut. Am nächsten Tag lag ich auf meinem Bett und dachte nach. Was hat das alles zu bedeuten? Warum gerade jetzt? Eine Reinigungskraft öffnete das Fenster, genau so, dass die Sonne durchschien und ich ihre Strahlen auf meiner Haut spüren konnte. Eine Wohltat, die ich neu zu schätzen lernte. Ja, auch an diesen Ort schickte der Himmel mir Lichtstrahlen. Und war nicht genau das schon damals die Erfahrung der Hirten in der Heiligen Nacht? Draußen auf dem Feld, mitten in der harten Realität. Auf einmal Gottes aufhellende Nähe. So dankbar konnte ich sie erleben, nicht zuletzt durch die vielen Gedanken und Gebete, die liebe Mitmenschen mir zukommen ließen.

Einfach himmlisch

Lichtstrahlen – nicht nur zu besonderen Anlässen. Im Januar lautet die christliche Botschaft: An jedem Tag kann ein Leuchten in unser Leben kommen. Ein Leuchten, das uns hilft, den Herausforderungen des neuen Jahres mit großem Vertrauen zu begegnen. Ein Leuchten, das uns inneren Frieden schenkt. Ich brauche Geduld, denn mein Körper muss sich von dem Eingriff erholen. Eigentlich sollte ich doch wieder funktionieren, die Arbeit wartet. Da erhalte ich den Brief einer Familie aus meiner Gemeinde: Wir mögen Dich. Und gerade deshalb bitten wir Dich, dass Du Dir Zeit nimmst, gesund zu werden. Wie wundervoll, denke ich. Da geht es mal nicht um Erwartungsdruck, sondern tiefe Menschlichkeit. Ein weiterer Lichtstrahl. Einfach himmlisch.

Der Autor

Jochen Keinath, protestantischer Pfarrer in Maikammer

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