Neustadt Gelungener Schweden-Happen

Starkes Konzert im Ruppertsberger Traminerkeller: Jan Lindqvist mit Schlagzeuger Armin Rühl.
Starkes Konzert im Ruppertsberger Traminerkeller: Jan Lindqvist mit Schlagzeuger Armin Rühl.

«Ruppertsberg.» Mit dem „Jan Lindqvist Trio“ sei es ihm gelungen, eine „begabte Nachwuchsband“ für die von ihm ins Leben gerufenen „Kulturtage“ zu buchen, scherzte Hans Jürgen Holle am Freitag im Ruppertsberger Traminerkeller und rief damit fröhliches Gelächter unter dem leider doch etwas spärlich erschienenen Publikum hervor.

Denn von Jan Lindqvist, Wolfy Ziegler und Armin Rühl, die alle schon der Generation „50 plus“ angehören, als Newcomer zu sprechen ist schon recht unverfroren. Ihr Talent haben alle drei Protagonisten im Verlauf ihrer erfolgreichen Karrieren schon längst unter Beweis gestellt. Frontmann Lindqvist beispielsweise als Gitarrist seiner Hauptgruppe „Guru Guru“, Bassist Ziegler während seiner Arbeit auf dem Viersaiter bei den Gruppen „Tri Tone“ oder „Spliff Reloaded“ und Rühl als Schlagwerker in der Band von Herbert Grönemeyer. In einem Punkt hatte Holle allerdings recht: Als Nachwuchsband im Sinne von neue Band lassen sich Jan Lindqvist und Co. tatsächlich einordnen. In Ruppertsberg spielten die drei Musiker nämlich tatsächlich ihr erstes gemeinsames öffentliches Konzert. Wie es zur Zusammenarbeit gekommen ist, erklärte Armin Rühl folgendermaßen: „Mann und Frau treffen mehr oder weniger zufällig aufeinander, verstehen sich gut und irgendwann beschließen sie, ein Kind miteinander zu machen. Und wir als Musiker haben uns auch getroffen, die Chemie stimmte und so beschlossen wir eben, eine Band zusammen zu machen.“ Die Geburt dieser Band, die gerade das Album „Superkarma“ fertiggestellt hat, stehe nun unmittelbar bevor, fuhr Rühl kurz vor Beginn der musikalischen Darbietung fort, und alle im Keller befänden sich demzufolge irgendwie auch mit im Kreißsaal. Nervosität, die werdende Väter normalerweise quält, ließen die drei erfahrenen Profis allerdings nicht aufkommen. Routiniert nahmen sie ihre Plätze ein und starteten ihre Darbietung mit einem Titel mit dem schönen Namen „Crossroad“. „Lehnt euch zurück und genießt den Abend“, hatte Rühl den Zuhörern vorher noch geraten und ihnen damit genau den richtigen Tipp mit auf den Weg gegeben, denn Jan Lindqvist-Musik ist bestens zum Hören, Träumen und Relaxen geeignet. Das wiederum sagt aber keineswegs aus, dass die einzelnen Songs nicht genügend rocken. Im Gegenteil, Linqvist und seine „Rhythm-Twins“ Rühl und Ziegler verstehen es sehr gut, zwischendurch immer wieder einmal mächtig aufs Gaspedal zu drücken, aber – und das macht eben den feinen Unterschied zwischen ihnen als Hochkarätern und anderen, nur durchschnittlich befähigten Formationen aus – ihre Lieder zeichnen sich nicht durch hohe Lautstärke und Anpassung an den Mainstream aus, sondern verlangen sehr viel handwerkliches Können, geschickten Umgang mit der zur Verfügung stehenden Technik und von jedem einzelnen Gruppenmitglied eine Menge Ideen, um bei den häufigen freien Improvisationsparts mithalten zu können. Nimmt die Sache dann erst einmal Fahrt auf, ist automatisch auch die Begeisterung der Zuschauer nicht mehr zu stoppen. Armin Rühl ist an der (für das, was dabei herauskommt, sehr minimalistisch aufgebauten) Schießbude eine Kapazität für sich. Egal ob er mit seinen kräftigen Oberarmen in Rockstar-Manier zu „Toughen Up“ die Felle drischt, oder einen melodiösen New Orleans-Beat wie beispielsweise zum Song „Exit“ trommelt, man merkt ihm immer an, dass er sich in allen Stilarten zuhause fühlt und in der Lage ist, jeden Song mit knackigen Breaks oder passenden Fills zu bereichern. Ziegler wiederum ist sein kongenialer Partner in der Rhythmusfraktion, dazu aber noch weit mehr als „nur“ der Herr der tiefen Töne. Er entwickelt, unter anderem zu „Freeze“, Sounds, die weit über die hinausgehen, die man sonst von Bassgitarren gewohnt ist. Mit seinem souverän-autonomen Spiel versteht er außerdem, langsameren Stücken wie „Suitcase Full Of Moonshine“ die notwendigen Emotionen zu verleihen. Mit Rühl und Ziegler als Rückhalt kann sich Lindqvist voll und ganz auf seine Arbeit an den Gitarren konzentrieren. Eine Reihe von ihnen brachte er in Ruppertsberg zum Einsatz, von der E-Gitarre über die Slide bis hin zur Lap Steel – und das mit solch einer Intensität, dass vielen im Saal ab und zu der Mund vor Erstaunen über so viel Fingerfertigkeit offenstand. „Alter Schwede“ dachte sich wohl mancher, wenn der seit 1974 in Deutschland lebende Skandinavier beispielsweise in „Tonight“ zu Soli ansetzte, die einem das Blut in den Adern gefrieren ließen. Auch als Sänger gab der 53-Jährige eine gute Figur ab. Mit dem Konzertdebüt seines Ensembles übertraf er bei den „Ruppertsberger Kulturtagen“, die am Donnerstag mit dem Auftritt von „Chris Kramer & Beatbox´n´Blues“ fortgesetzt werden, jedenfalls alle Erwartungen und durfte erst nach mehreren Zugaben die Bühne verlassen.

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