Neustadt Entsetzen über neuerlichen Kahlschlag

Hier dürfte sich derzeit kein Frosch mehr wohlfühlen.
Hier dürfte sich derzeit kein Frosch mehr wohlfühlen.

Auf die Folgen der Grabenräumung in der Laichzeit hat Thomas Deigentasch von der BUND-Ortsgruppe die Gemeinde, die Kreisverwaltung und die SGD Süd hingewiesen. Am östlich von Haßloch in Richtung Iggelheim verlaufenden Feldgraben habe er 2018 drei Laichballen des Grasfrosches finden können, schreibt der Umweltschützer. Dieses Jahr, noch am 24. Februar, seien es 17 gewesen. „Auch waren etliche Teichmolche am Balzen, und sogar eine Wechselkröte habe ich gesehen.“ Nun sei genau dieser Bereich ohne Rücksicht zerstört worden. Der Grasfrosch habe früher zu tausenden die Feldgräben besiedelt. Die maschinelle Räumung in den Wintermonaten habe ihn allerdings in den meisten Bereichen verschwinden lassen. Deigentasch: „Nun hat man da noch einen draufgesetzt und in der Laichzeit geräumt. Und das äußerst nachhaltig.“ In dem Graben habe auch der Dreistachlige Stichling gelebt, „jetzt nicht mehr“. Das Material, das aus dem Graben geholt wurde, sei dann auf den Wegen geschreddert worden. Dafür habe man den Müll ein paar Meter weiter im Graben belassen. Schuhmacher: Beauftragte Firma ist radikal vorgegangen Was da in der vergangenen Woche am Feldgraben passiert ist, hat auch Umweltdezernent Dieter Schuhmacher (SPD) und Umweltsachbearbeiterin Melanie Mangold „entsetzt“, wie sie im gestrigen Gespräch mit der RHEINPFALZ berichten. Kürzlich habe die Gemeinde am Feldgraben von einer Fachfirma auf einer Länge von etwa 100 Metern Brombeerhecken schneiden lassen. Das soll dafür sorgen, dass das Laichgewässer weniger beschattet wird. Außerdem soll so verhindert werden, dass Äste in den Graben fallen. Bei den genau abgesprochenen Arbeiten sei in den Graben selbst nicht eingegriffen worden, sagt Schuhmacher. Der Kahlschlag vom Ende 2015 habe dazu geführt, dass in Haßloch heutzutage eine „sanfte“ Grabenpflege betrieben werde. Im Gewässerentwicklungskonzept („Pflegehandbuch“) der Gemeinde sei genau festgelegt, wann welche Maßnahmen an Gräben stattfinden dürfen. Beim Gewässerzweckverband (GZV) Rehbach-Speyerbach, der in der Regel größere Arbeiten an Gräben übernehme, habe man den Heckenschnitt wohl registriert und „offensichtlich gedacht, man könnte den ganzen Graben von Hecken befreien“, so Schuhmacher. Und nicht nur das: „Die vom GZV beauftragte Firma ist radikal vorgegangen, hat das Gewässer freigelegt und maschinell in die Sohle des Grabens eingegriffen.“ Das sei mitten in der Laichzeit passiert. Auf einer Länge von etwa einem halben Kilometer sei der Laich zerstört worden, Amphibien wie Frösche oder Molche seien verschwunden. Die Maßnahme sei mit der Umweltabteilung der Gemeinde nicht abgesprochen gewesen. „Wir sind da völlig außen vor“, so Schuhmacher. Insgesamt sei das Ganze „unglücklich“. Nach Ansicht des Umweltdezernenten ist der Eingriff am Feldgraben besonders schlimm, weil dieser zu den nur drei der 55 nicht immer wasserführenden Gräben zähle, denen im Gewässerentwicklungskonzept ein „Entwicklungspotenzial“ bescheinigt werde. Im Laufe des Jahres könne versucht werden, den Graben wieder „aufzuwerten“, erläutert Umweltsachbearbeiterin Mangold. Denkbar sei eine Aufweitung, um Amphibien wieder einen Lebensraum zu geben. „Vielleicht kommen die Tiere wieder“, hofft sie, aber wissen könne man das heute noch nicht. Prinzipiell seien auch Besatzmaßnahmen, also das Einsetzen von Tieren ins Gewässer, möglich, so Mangold. Aber dafür sei ein umfangreiches Genehmigungsverfahren notwendig. Schuhmacher sieht den GZV in der Pflicht, den Schaden, so weit es möglich ist, wieder gutzumachen. Gestern Vormittag hat ein Ortstermin am Feldgraben stattgefunden, an dem neben Schuhmacher und Mangold Thomas Deigentasch vom BUND, Egbert Korte vom Institut für Gewässer- und Auenökologie (Autor des Pflegehandbuchs) und Verbandsingenieur Arved Reimann vom GZV teilgenommen haben. Reimann: Umfang des Auftrags nicht genau genug kommuniziert Auf Anfrage der RHEINPFALZ räumt Reimann ein, dass der Gewässerzweckverband die Schuld an dem Kahlschlag trage. Ihm selbst sei da ein folgenreicher Fehler in der Kommunikation mit der beauftragten Firma passiert. Als er gesehen habe, dass im oberen Bereich des Feldgrabens Hecken geschnitten werden, sei er auf die Idee gekommen, dass auch im weiteren Verlauf der Brombeerbewuchs entfernt werden könne, um zu verhindern, dass Äste ins Grabenbett fallen. Er habe eine Firma beauftragt, die bereits mehrfach in der Vergangenheit in Haßloch tätig gewesen sei, „gerade tags zuvor am Waldgraben, und da sind die Arbeiten ordentlich erledigt worden“. Die Böschung schneiden ohne Sohleneingriff: Das hätte es eigentlich sein sollen. Aber der Auftrag sei bei der Firma „wohl falsch angekommen“, so Reimann. Er selbst habe offenbar nicht genau genug kommuniziert, welche Arbeiten ausgeführt werden sollen: „Das ist schlecht gelaufen.“ Eigentlich müsse die Firma wissen, dass zu dieser Jahreszeit bestimmte Arbeiten nicht erlaubt seien, aber es sei auch keine Rückfrage gekommen, die ihn bestimmt stutzig gemacht hätte, so Reimann. Er betont allerdings, dass die Firma letztendlich keine Schuld treffe. Bei den Arbeiten sei weder ein Gewässerwart noch ein GZV-Vertreter vor Ort gewesen: „Damit hätte das Ganze sicher verhindert werden können.“ Dass nun der Froschlaich zerstört worden sei, „können wir nicht mehr gutmachen“, sagt Reimann. Der nicht beabsichtigte Kahlschlag sei sehr bedauerlich. Es solle aber versucht werden, den abgeräumten Graben ökologisch wieder aufzuwerten. Dazu sollen Vorschläge entwickelt werden. Für die Zukunft müsse man aus dem Vorfall „lernen und die Kommunikation verbessern“. Auch Schulungen der mit solchen Arbeiten betrauten Firmen sollten seiner Ansicht nach erwogen werden, um die Mitarbeiter zu sensibilisieren.

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