Neustadt Der Vogel, der seine Beute aufspießt

Der Neuntöter hat einen Haken an Oberschnabel, den man auch Falkenzahn nennt.
Der Neuntöter hat einen Haken an Oberschnabel, den man auch Falkenzahn nennt.

Mit ein bisschen Glück könnt ihr dort, wo Dornen, Stacheln oder spitze Zweige wachsen, einen ganz speziellen Singvogel entdecken, den Neuntöter. Und auch seine Beute! Denn der Neuntöter jagt gern große Insekten (wie Käfer) und kleine Säugetiere (am liebsten junge Mäuse) und spießt sie auf. Manchmal erlegt er sogar andere Vögel. Neulich habe ich so einen Neuntöter in einem Gelände oberhalb von St. Martin, in dem es Weißdorn, Schlehen und Wildrosen gibt, gesehen. Er saß ganz ruhig auf einem Zaun und überblickte sein Revier (dazu sagt man Warte). Ganz in der Nähe haben wir auch einen aufgespießten Jungvogel entdeckt, der als Vorrat dient und schon ziemlich bearbeitet war. Der Name Neuntöter bezieht sich übrigens auf den Volksglauben, der Vogel würde erst neun Beutetiere aufspießen, bevor er sie verspeist. Dieser Glaube ist nicht richtig. Der Neuntöter gehört zur Vogelfamilie der Würger, von der es weltweit 64 Arten gibt. „Würger“ heißt aber nicht, dass der Vogel die Beute mit seinen Krallen erwürgt. Meist erschlägt er sie ganz einfach. Die unverdaulichen Reste verzehrter Tiere, also Haare, Knochen, Federn oder Chitinteile, scheidet er in Form kleiner Speiballen (Gewölle) aus, die er quasi hervorwürgt, so wie das auch Greifvögel oder Eulen tun. Typisch für den Neuntöter ist aber auch der „Würgerzahn“, die hakige Spitze am leicht gebogenen Schnabel. Weil der Oberschnabel falkenähnlich ist, sagt man dazu auch „Falkenzahn“. Lang vor eurer Geburt, nämlich 1985, wurde der damals seltene Neuntöter zum „Vogel des Jahres“ gewählt. Weil er ein Heckenbrüter ist, wurden daraufhin viele Hecken geschützt oder neu angelegt. In den folgenden Jahren gab es dann wieder mehr Neuntöter, so dass er vor 15 Jahren aus der Roten Liste gefährdeter Brutvogelarten gestrichen werden konnte. Das ist gut so. Wenn ihr aufmerksam schaut bei dornigen Büschen und Hecken, dann könnt ihr noch in diesen Sommerferien bei uns in der Gegend einen Neuntöter erspähen. Männchen sind leichter zu sehen, weil sie auffälliger gefärbt sind. Ihr könnt aber auch auf den Gesang achten. Er wird oft mit „dschä“-Rufen begonnen und beendet. Hört ihr ein dschrää, teck teck teck oder trrt trrt, dann ist der Vogel erregt oder greift gerade an. Beeilt euch ein bisschen mit euren Beobachtungen, denn schon im August hat der Neuntöter sein Brutgeschäft beendet und fliegt Richtung Afrika, um dort das Winterhalbjahr zu genießen.

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