Neustadt Der kleine Ecovio

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Darf Biomüll auch im kompostierbaren Plastiksäckchen in die Biotonne? Nein, hatte Beigeordneter Dieter Klohr im Neujahrsinterview erklärt. Für Neustadt durchaus richtig, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Doch ist auch wahr: Ein bestimmter Beutel ist zugelassen.

Der Startschuss ist gefallen: Mit dem Jahreswechsel begann in Neustadt die Abfuhr der Biotonne. Alle Haushalte sind verpflichtet, ihren Biomüll in dem braunen Gefäß zu sammeln. Das könnte leichter fallen, wenn er in der Küche in einem Plastikbeutel landen dürfte. Plastik indes dürfe keinesfalls in die Tonne, hatte Dieter Klohr, als Beigeordneter für den städtischen Eigenbetrieb Stadtentsorgung Neustadt (ESN) zuständig, in einem RHEINPFALZ-Interview erklärt. Denn das könnte bei der Abfallwirtschaft Kaiserslautern (ZAK) für Probleme beim optimalen Verwerten sorgen. Indes hat die ZAK selbst bislang ein solches Plastikprodukt zugelassen: den Ecovio FS-Biobeutel, 45 auf 45 Zentimeter groß, Fassungsvermögen zehn Liter, hergestellt von der BASF. Wie berichtet, wird der Neustadter Biomüll künftig nicht mehr im Ludwigshafener Müllheizkraftwerk verbrannt, sondern im Biomassekompetenzzentrum der ZAK nahe Kaiserslautern verwertet. Dort entstehen aus Biomüll Strom und Fernwärme fürs öffentliche Netz sowie der Dünger Palatihum. Vor allem wegen dieses Komposts ist es wichtig, möglichst reinen Bioabfall zu bekommen, frei von Plastik, Glas oder anderen Stoffen, wie ZAK-Vorstand Jan Deubig erläutert. Zumal er gegenüber Kunstdünger auch den Vorteil habe, dass der darin enthaltene Phosphor recycelt sei und nicht neu verbraucht werde – wichtig auch deshalb, weil Phosphor eine endliche Ressource sei. Wie aber hält es die ZAK mit Plastikbeuteln, die ebenso wie andere Plastikprodukte als biologisch abbaubar deklariert sind? Im Handel gebe es viele solcher Tüten, doch sei abbaubar nicht gleich abbaubar, sagt Deubig. Viele der Produkte zerfielen erst nach langer Zeit. Bei der ZAK-Verwertung sei aber entscheidend, dass ein solches Säckchen schnell verrotte. Wer sozusagen als Plastikbeutelhersteller bei der ZAK zum Zug kommen will, kann deshalb bei ihr einen selbst finanzierten Testlauf beantragen. Bislang hat das Deubig zufolge nur die BASF getan, mit ihrem Ecovio Biobeutel in besagter Größe. Dieser erwies sich als geeignet – auf die technische Zulassung erfolgte deshalb auch die rechtliche. Indes ist dieser Beutel „in der Regel nicht im Handel erhältlich“, wie Deubig erläutert. Und es sei auch nicht Aufgabe der ZAK, dafür zu sorgen. Kreisfreie Städte und Landkreise, die mit der ZAK zusammenarbeiten und dabei einen möglichst reinen Bioabfall anliefern müssen, können den von der ZAK erlaubten Biobeutel zulassen, müssen das aber nicht tun. Falls ja, gäbe es verschiedene Möglichkeiten, ihn den Haushalten anzubieten: Entweder kann die Gebietskörperschaft auf die Bezugsquelle verweisen oder aber dafür sorgen, dass der Beutel bei bestimmten Anlaufstellen wie Geschäften oder Stadtwerken erhältlich ist. Oder sie wählt ein gebührenfinanziertes Modell, sprich, sie stellt jedem Haushalt kostenlos ein bestimmtes Kontingent an Beuteln bereit, das über die Abfallgebühren bezahlt wird. Welch eine Gratwanderung es ist, sozusagen Plastik in der Biotonne zuzulassen, obwohl dieser Stoff dort eigentlich nicht hineingehört, weiß auch der Kaiserslauterer Deubig. Es sei ein sehr zweischneidiges Schwert, sagt er. Zum einen sei der Kunststoffanteil am Biomüll, gerade auch wegen ungeeigneter Biobeutel, ein großes Problem – trotz zweifacher Vorbehandlung sei es der ZAK kaum möglich, den Bioabfall gänzlich davon zu befreien. Andererseits erhöhe der Biobeutel die Akzeptanz beim Bürger. Das wiederum sei wichtig, um so viel Biomüll wie möglich in Erneuerbare Energie umwandeln zu können. In Neustadt wird der ESN nach Angaben des Beigeordneten Dieter Klohr zunächst beobachten, wie es die Haushalte beim Bioabfall halten. Per Satzung ist es zwar nicht verboten, einen von der ZAK zugelassenen Plastikbeutel zu verwenden. Allerdings setzt der ESN zunächst darauf, dass die Bürger den Biomüll in Zeitungspapier, Küchenkrepp oder ähnliches einwickeln und unter Umständen zusätzlich papierne Tüten verwenden. Je nachdem, wie viel Plastikbeutel trotzdem in der braunen Tonne landen und je nachdem, ob es deshalb Probleme mit der ZAK gibt, soll reagiert werden. (ahb/Archivfoto: View)

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