Neustadt Christliche Werte – gerade in der Politik

Welcher wahre Protestant lässt sich schon von ein paar dunklen Wolken samt Regen die Feierlaune trüben? Zumindest keiner im Kirchenbezirk Neustadt, vorneweg Dekan Armin Jung, der das gestern Morgen beim Festgottesdienst in der Stiftskirche – geplant war im Rathausinnenhof – auch sichtbar machte: Statt in amtlichem Schwarz erschien er in einem hellen Talar mit bunter Stola.

Der protestantische Teil des Kirchenschiffs war schon kurz vor 10 Uhr bis auf den letzten Platz gefüllt, zusätzliche Stühle waren zuvor aufgestellt worden. Das hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen fielen anlässlich des Festgottesdienstes zum zehnten Dekanatskirchenfest die Sonntagspredigten in manchen zugehörigen Gemeinden aus; zum anderen stieg Hans-Ulrich Ihlenfeld auf die Kanzel, kein Kirchenmann also, sondern der Landrat des Kreises Bad Dürkheim. Schließlich lag das Fest in jenem Teil der Lutherdekade, die unter dem Motto „Kirche und Politik“ steht. Zehn Kirchenjahre lang bis 2017, wenn die Reformation sich zum 500. Mal jährt, wird bundesweit thematisch auf das große Jubiläum vorbereitet. Andererseits: Ganz unbedarft in Sachen Kirchen war der Landrat dann doch nicht. Als Presbyter in Haßloch ist es für ihn selbstverständlich, dass sich Politiker zu ihrem christlichen Glauben bekennen. Tenor seiner Kanzelrede: Die Politik hat es nicht verdient, schnell mal als „schmutziges Geschäft“ abqualifiziert zu werden. Hässliche Seiten des Miteinanders gebe es in allen Bereichen, nicht nur in der Politik. Zudem bleibe bei aller Kritik an Politikern die Feststellung, dass diese auch große Verantwortung tragen. Ihlenfelds Empfehlung: Wie Christen müssten auch Politiker die Vielfalt und den fairen Streit zulassen, und dabei auf Grundlage christlicher Werte wehrhaft sein sowie auf Opportunismus und Karrieredenken verzichten. Ihlenfelds Kanzelrede war kein Einzelfall: In den Sommerferien sollen fünf Neustadter „Promis“ seinem Beispiel folgen. Dass auch der dritte Festtag vielen Besuchern Freude machte, dafür sorgten beim Gottesdienst zudem Posaunenbläser aus dem Dekanat unter Leitung von Traugott Baur und der Frankenecker Frauenchor „Cantilena“ mit Leiterin Dorina Schmidt. Rund um die Stiftskirche hatten am Samstag ab 10 Uhr kirchliche Gruppen aus dem Dekanat über ihre Arbeit informiert. Hungern und dürsten musste trotz des teilweise schlechten Wetters kein Besucher. Sonnenstrahlen fielen auf die jüngsten Teilnehmer: Bei einem Sternmarsch in Richtung Stiftskirche hatten viele protestantische Kindertagesstätten mitgemacht – gegen Mittag wimmelte es nur so auf dem Kartoffelmarkt. Die Band „The Gardenshoes“ versetzte beim Jugendgottesdienst am frühen Abend in gute Stimmung. (ahb)

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