Neustadt Botanische Sensation: Pflanzendinos auch in Neustadt zu sehen

Lebendes Fossil: Wollemie nahe der Hetzelanlage am Schnittpunkt von Tal- und Amalienstraße.
Lebendes Fossil: Wollemie nahe der Hetzelanlage am Schnittpunkt von Tal- und Amalienstraße.

Stell' dir vor, in Neustadt gibt es Dinosaurier, und alle laufen achtlos daran vorbei. So ergeht es wohl den drei Wollemie-Kiefern, die östlich der Hetzelanlage in Gesellschaft von Palmen und bunten Stauden stehen. Ihre Geschichte erstaunt.

Rückblende: Im September 1994 wollte David Noble mit Freunden im Wollemi-Nationalpark in den australischen Blue Mountains, 250 Kilometer westlich von Sydney, eine Klettertour unternehmen. Der Name des Parks leitet sich von der Bezeichnung „Wollumnii“ der einheimischen Urbevölkerung der Aborigines ab, was soviel bedeutet wie „Pass auf, wohin du trittst“. Er wird von Menschen so gut wie nie betreten.

Nachdem sich die Kletterer in eine Schlucht abgeseilt hatten, kamen sie zu einer Lichtung im Regenwald mit 23 hohen, ungewöhnlichen Bäumen, die der australische Parkranger Noble nicht kannte. In seinem Rucksack nahm er einen kleinen Zweig zur Bestimmung mit. Das mitgenommene Pflanzenmaterial reichte den Fachleuten des Royal Botanic Gardens in Sydney dafür jedoch nicht aus. Deshalb wurden in einer zweiten Expedition im Oktober 1994 Zweige, Rindenteile und ein männlicher Zapfen eingesammelt.

Seit Jahrmillionen ausgestorben?

Erst nachdem in einem weiteren Schritt noch ein weiblicher Zapfen geerntet wurde, konnte die Baumart, die den wissenschaftlichen Namen „Wollemia nobilis“ erhielt, bestimmt und der Familie der Araukariengewächse zugeordnet werden. „Das ist so bedeutend, als würde man heute einen kleinen, lebenden Dinosaurier auf der Erde finden“, stufte Professor Carrick Chambers, Direktor des Royal Botanic Gardens Sydney, den Sensationsfund ein. Denn es gab die Pflanze schon, als Dinosaurier noch auf der Welt lebten. Doch der früher in Australien weit verbreitete Baum galt seit mehr als 65 Millionen Jahren als ausgestorben.

Die Meldung von der Entdeckung der Art, von der inzwischen 100 Bäume an drei Standorten in der Wildnis bekannt sind, ging damals um den ganzen Erdball. Aufsehen erregte 2005 eine Versteigerung durch das traditionsreiche Auktionshaus Sotheby's in Sydney. Die ersten 292 Jungbäume wurden für insgesamt 1,5 Millionen US-Dollar (umgerechnet 5136 Dollar pro Baum) versteigert.

Drei Standorte

In den kommenden Jahren sanken die Preise für den Pflanzendino, der umgangssprachlich gerne als „Wollemie-Kiefer“ bezeichnet wird, obwohl er nicht zur Gattung der Kiefern gehört, kontinuierlich. Auch Hobbygärtner können sich ihn inzwischen leisten, ohne dafür allzu tief in den Geldbeutel greifen zu müssen.

2005 erhielt der Palmengarten in Frankfurt ein Exemplar. Zehn Jahre später suchte Michael Fuhrer, Leiter der Grünflächenabteilung der Stadt Neustadt, Wollemie-Kiefern auf der Internationalen Pflanzenmesse in Essen für Neustadt aus, teilt Dagmar Staab aus der Pressestelle mit. In den ersten vier Jahren überwinterten die Australier demnach in einem Kalthaus.

Nun sind die Wollemie-Kiefern an mehreren Stellen in Neustadt zu finden: Neben der Hetzelanlage in einem Beet am Schnittpunkt von Tal- und Amalienstraße, auf der Dr. Welsch-Terrasse und am Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum des Landes Rheinland-Pfalz (DLR) in Mußbach. Weitere Pflanzungen in Neustadt seien nicht geplant, sagt Staab.

Bis zu 40 Meter hoch

Anfangs hatten die mitgebrachten Exemplare eine Höhe von 100 bis 125 Zentimeter. Aktuell sind die Neustadter Bäume etwa vier Meter hoch, schätzt Fuhrer. In Heidelberg ist eine knapp mannshohe, ausgepflanzte Wollemie auf dem Südhang des Heiligenbergs unterhalb des Bismarckturms zu finden. In ihrer Heimat erreichen sie Höhen von bis zu 40 Metern. Für den Laien sind die immergrünen Bäume an ihrem turmartigen Wuchs gut zu erkennen.

Die drei Wollemies an der Hetzelanlage tragen inzwischen männliche und weibliche Zapfen. Diese bekommen sie erst ab einem Alter von zwölf bis 15 Jahren. Sie können sich aber auch durch neue Triebe aus den Wurzeln fortpflanzen, wie an der Stelle ebenfalls zu sehen ist. Für Vorbeikommende kann deshalb auch hier gelten: „Pass auf, wohin du trittst.“

x