Neustadt Berlin pfeift – Kommunen tanzen an

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Frank Rüttger, hauptamtlicher Beigeordneter des Kreises Bad Dürkheim, war einer der Glücklichen, der eine eintägige Dienstreise nach Berlin machen durfte, um im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) einen Handschlag zu bekommen und den Bescheid entgegenzunehmen. Den Zuschuss erhält der Kreis, um Ausbauprojekte für schnelles Internet zu planen und Antragsunterlagen für eine Bundesförderung dieser Projekte zu erstellen (wir berichteten am Mittwoch). Nun muss man dem hoch verschuldeten Kreis zugute halten, dass er den Beigeordneten nicht ganz freiwillig in die Bundeshauptstadt geschickt hat. Denn die Entscheidung, ob Bescheide abgeholt oder verschickt werden, treffe die bewilligende Stelle, also das BMVI, informierte die Kreisverwaltung auf Anfrage. Das Ministerium habe durch den Übergabeakt die Bedeutung der „Ertüchtigung der digitalen Infrastruktur“ hervorheben wollen. Der Termin sei auch als Zeichen zu sehen, dass der Bund den Ausbau weiter fördern werde. Deshalb durften an beiden Tagen 336 Vertreter von Kommunen und Kreisen in Berlin antanzen. 630 Euro berappte der Kreis für Rüttgers Reise, es sei die wirtschaftlichste Variante „mit Flug und ohne Übernachtung“ gewählt worden, heißt es dazu im Kreishaus. Unterstellen wir einmal, dass dieser Betrag ein Mittelwert ist, dann kommen wir bei 336 Personen auf Reisekosten von etwa 212.000 Euro: um einen Bescheid abzuholen, den auch die Post hätte liefern können. Wie das BMVI auf seiner Homepage mitteilt, stehen vier Milliarden Euro an Fördergeldern bereit, um Deutschland mit schnellem Internet (mindestens 50 Mbit) zu versorgen. Und in einem zweiten Schritt vergebe das Ministerium „bis zu 15 Millionen Euro je Projekt, um die Umsetzung (...) zu fördern“. Wie die Kreisverwaltung weiter mitteilte, „entscheiden sich die bewilligenden Stellen“ meist dafür, Bescheide zu verschicken. Deshalb hat der Kreis in diesem Jahr auch erst diese eine Dienstreise zum Abholen eines Bescheids verbucht. Was nicht heißt, dass die anderen Förderbescheide unwichtiger seien. Die niedrigste Summe betrug 7400 Euro (vom Land) für die Ferienbetreuung, die jährlich stattfindet. Es gab auch wesentlich höhere Beträge: Wie die Kreisverwaltung angibt, handele es sich dabei um Einzelmaßnahmen und nicht um ein kreisweites Projekt, das vermutlich wegen seiner Bedeutung „durch eine öffentliche Veranstaltung der Bewilligungsbehörde begleitet“ wurde – wie beim Förderbescheid des Bundes für die Vorstufe zum Breitbandausbau. Wie berichtet, hat der Kreis eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Sie soll aufzeigen, wo die Netzbetreiber finanzielle Unterstützung brauchen, um überall eine Übertragungsleistung von mindestens 50 Mbit zu gewährleisten. Die Studie hat das Land mit 37.000 Euro gefördert. Der Bescheid dazu sei geschickt worden. Allerdings, merkt die Kreisverwaltung an, hatte Mainz zum Auftakt der Breitbandoffensive im Land die kommunalen Vertreter am 20. Januar eingeladen: zur Übergabe einer 30-Mbit-Studie des Tüv Rheinland-Pfalz.

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