Neustadt Arthouse: Mr. Turner – Meister des Lichts

Neustadt. William Turner, das ist doch der mit den flirrenden Sonnenaufgängen? In der Tat war der Londoner Maler ein Wegbereiter der Impressionisten wie der abstrakten Malerei, wie dieses unkonventionelle und unprätentiöse Filmporträt von Mike Leigh mit Timothy Spall, bekannt unter anderem durch die Rolle des infamen Peter Pettigrew, genannt Wurmschwanz, in der Harry-Potter-Reihe, in der Titelrolle zeigt. Es beginnt 1825, in der späten Schaffensphase, in der sich Turner, längst ein etablierter Künstler, allmählich wegbewegt von der gegenständlichen Malerei. Doch er ist auch ein Geschäftsmann, der mit seinem freundlichen, alten Vater und einer verhärmten Haushälterin in London in seinem Haus eine Galerie mit eigenen Werken betreibt. Der massige Mann wirkt mehr wie ein hingebungsvoller Handwerker denn wie ein genialischer Bohemien; schön reden kann er schon gar nicht. Es gibt zwar eine Exfrau und Kinder, die Unterhalt von ihm wollen. Doch der verschlossene Einzelgänger schweigt meist und grunzt nur manchmal. Später begegnet er auf seinen einsamen Ausflügen ans Meer einer Witwe, bei der er ein wenig auftaut. Zweifellos aber handelt es sich insgesamt um einen unleidlichen, irgendwie neandertalartigen Typ: Regisseur Leigh, sonst auf Sozialkomödien spezialisiert, zeigt Turner als unzugänglichen Künstler, der vorrangig in seinen Werken lebt. Wunderschön ist die optische Gestaltung, in der zwar nicht Turners Farben nachempfunden werden. Doch die verschatteten Innenräume, in die nur gelegentlich ein Sonnenstrahl einbricht, sehen wie „gemalt“ aus. Einziger Wermutstropfen: diese Filmbio in Form einer elliptischen Seelenlandschaft erfordert doch eine gewisse Vorkenntnis des Zuschauers.

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