Neustadt „Nur mal kurz die Welt retten“

Aufnahmen vor dem „Greenscreen“: die jungen Workshop-Teilnehmer bei der Arbeit.
Aufnahmen vor dem »Greenscreen«: die jungen Workshop-Teilnehmer bei der Arbeit.

«Neustadt.» Die Welt ist zerrissen. Sie liegt in der „Trickbox“ unter einer Kamera wie ein Forschungsobjekt unterm Mikroskop. Doch es gibt Hoffnung: Im Kern der Weltkugel aus Knetmasse ist ein großes rotes Herz, dessen Hälften sich langsam wieder aufeinander zubewegen. Mit viel Liebe und Verständnis sollen alles Unglück auf der Erde behoben werden. So stellen sich Nina, Steven und Niklas das Motto „Nur mal kurz die Welt retten“ vor, das schon die gesamte Woche Thema beim Trickfilmworkshop im Christlichen Jugenddorf (CJD) ist. Die jungen Leute bilden die Gruppe, die für den Vor- und den Abspann des späteren Kurzfilms verantwortlich ist. Außerdem stellen sie in der Trickbox mit der „Stop-Motion“-Technik alle Zwischensequenzen her, erklärt Niklas: „Immer, wenn später im Film die Weltretter etwas Gutes tun, bewegen sich in einem kleinen Einspieler die beiden Erdhälften ein weiteres Stück aufeinander zu.“ Unter den konzentrierten Blicken der Neustadter Filmkünstlerin Ulrike Heimann „rendern“ die drei Jugendlichen fast 80 einzeln aufgenommene Bilder am Laptop, was laut Expertin bedeutet, dass alles „in ein vorführfähiges Format wie MP4 umgewandelt wird“. Viel Zeit bleibt nicht, denn das Team möchte in der Innenstadt noch Passanten zum Thema Film befragen und die Ergebnisse für eine Dokumentation verwenden. Bis dahin haben die anderen drei Filmgruppen noch ordentlich Arbeit vor sich. Dafür brauchen sie Material und Technik, doch durch das Programm „Kultur macht stark“ wird das Projekt im CJD über den Bundesverband Jugend und Film vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die Werbung für den Kurzfilm übernimmt der Verein „Engagierte Jugend Neustadt“. Als weiterer Partner sorgt Kinobesitzer Michael Kaltenegger dafür, dass der Trickfilm mit schauspielerischen Einlagen und immer wieder neu auftauchenden Gegenständen Ende des Monats mit anderen im Roxy-Kino bei einem Kurzfilmfestival gezeigt wird. Die jungen „Historiker“ ziehen sich zurück und tüfteln, während das Horrorgenre mit Kameramann und Medienpädagoge Benjamin Wagener, Stative und Kameras schleppend, ein leeres Zimmer der Wohngruppe für eine Szene nutzt. Jake, mit zwölf Jahren einer der jüngsten Workshopteilnehmer, denkt mit: „Ist das nicht unrealistisch, wenn da nur ein Gegenstand auf dem Schreibtisch liegt?“ Schon fällt die nächste Klappe. „Szene sechs, Take drei“ ruft es, und „Kamera läuft“ bei Kursteilnehmer Matthias, bevor Schauspielerin Angela ihre Puppe in hohem Bogen in einen Mülleimer schleudern muss. Nicht immer trifft sie, weswegen die Szene – wie fast alles beim Film – noch ein paarmal wiederholt wird. Danach hilft CJD-Mitarbeiter Peter Seibel, das Fenster mit schwarzen Vlies zu verdunkeln: „Hier wird es jetzt Nacht!“ Sozusagen alles im grünen Bereich ist dagegen bei der Abteilung Liebesgeschichte, die sich im „Greenscreen“-Raum versammelt hat. „Kaum jemand trägt im Alltag grüne Kleidung, also stört nichts“, erklärt Theater- und Sozialpädagogin Judith Becker, die zusammen mit Ulrike Heimann schon mehrere pädagogische Filmprojekte betreut hat. Die Szenen vor der grünen Wand können später am Computer mit jedem gewünschten Hintergrund komplettiert werden. Becker freut sich, dass viele Jugendliche beim Dreh richtig Gas geben: „Oder jemand bastelt über Nacht etwas für den Film und bringt es mit. Diese Motivation und Entwicklung finde ich immer wieder spannend.“ Bevor es zum Mittagessen geht, entstehen viele Filmminuten, von denen am Ende einer ganzen Woche lediglich zehn für den Kurzfilm übrig bleiben werden. Peter Seibel kennt das: „Viele kurze Sequenzen und Schnitte werden verwendet, das macht den Film schneller und besser.“ Info —Der Kurzfilm wird im Neustadter Roxy-Kino am Montag, 29. Oktober, um 17 Uhr bei einem Kurzfilmfestival mit anderen Beiträgen uraufgeführt, begleitet von dokumentarischen Beiträgen. Das genaue Programm wird noch bekanntgegeben. —Bis Februar ist im CJD Neustadt dienstags von 16.30 bis 19.30 Uhr ein „Filmclub international“ mit Medienpädagogen und Kameramann Olaf Kapsitz. Die Teilnehmer wählen Filme aus, die monatlich ebenfalls im Roxy gezeigt werden. Die Teilnahme ist auf Anmeldung noch möglich. — Kontakt: Christliches Jugenddorf (CJD) Neustadt, Sauterstraße 4-6, Telefon 0151/ 40638535, E-Mail: peter.seibel@cjd.de.

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