Neustadt Geplantes Haßlocher Logistikzentrum: Bis zu 640-Lkw-Fahrten täglich

Alles abgeräumt: Auf dem 56.500 Quadratmeter großen Grundstück in der Siemensstraße soll ein Logistikzentrum entstehen.
Alles abgeräumt: Auf dem 56.500 Quadratmeter großen Grundstück in der Siemensstraße soll ein Logistikzentrum entstehen.

So groß wie vier Fußballfelder und 15 Meter hoch: Diese Dimensionen soll ein Logistikzentrum haben, das ein US-Immobilieninvestor im Industriegebiet Süd errichten will. Von bis zu 640 Lkw-Bewegungen pro Tag ist die Rede. Viele Fragen in Zusammenhang mit dem Großprojekt sind noch ungeklärt. Und es regt sich bereits Widerstand.

Erstmals öffentlich geworden war das Vorhaben in der August-Sitzung des Bau-, Verkehrs- und Entwicklungsausschusses (BVE). Unter dem Tagesordnungspunkt „Mitteilungen und Anfragen“ gab die Verwaltung die lapidare Auskunft, dass „für das Grundstück mit der Flurstücksnummer 11508/309 im Industriegebiet Süd ein Bauantrag eingegangen ist“. Geplant sei eine Logistikhalle mit einer Größe von 27.672 Quadratmetern. Gemäß Lärmgutachten werde von täglich bis zu 640 Lkw-An- und Abfahrten ausgegangen. „Der oder die Nutzer der Logistikhalle stehen jedoch noch nicht fest“, hieß es weiter. Diskutiert wurde darüber in der öffentlichen Sitzung nicht. Bei besagtem Grundstück handelt es sich um ein Areal in der Siemensstraße im Südwesten des Industriegebiets Süd. Auf dem 56.500 Quadratmeter großen Grundstück befand sich ab 1983 das Deutsche Kraftfahr-Bildungsinstitut (DKBI), ab 1997 die CTT-Gesellschaft für berufliche Bildung. 2007 bis 2016 hatte die Montessorischule dort ihren Standort. Mittlerweile sind alle Gebäude abgerissen. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ räumt Bürgermeister Lothar Lorch (CDU) ein, dass auch der Gemeinde viele Einzelheiten zu dem Vorhaben noch nicht bekannt seien. Im April dieses Jahres habe der Eigentümer dieses Grundstück an einen Investor verkauft, der dort ein Logistikzentrum errichten wolle. Im August sei der Bauantrag eingegangen, den die Verwaltung am 20. August an die dafür zuständige Kreisverwaltung Bad Dürkheim weitergereicht habe. Auf Anfrage der RHEINPFALZ bestätigt das die Kreisverwaltung. Der Bauantrag befinde sich in der Bearbeitung, sei also noch nicht genehmigt. Das bedeute, dass sich an den Planungen noch etwas ändern könne. Nach jetzigem Stand sei eine Halle geplant, die 241 Meter lang, 115 Meter breit und 15 Meter hoch sein soll. Laut Bauantrag solle die Halle in drei Bereiche geteilt sein.

Investor ist ein texanischer Immobilienentwickler

Nach Informationen der RHEINPFALZ handelt es sich bei dem Investor um das US-amerikanische Unternehmen Hillwood Development Company. Das ist ein Immobilien-Projektentwickler und -verwalter aus Fort Worth im US-Bundesstaat Texas, der zum Vermögen der Perot-Familie des US-Milliardärs Ross Perot gehört. Hillwood gilt als ein führendes Unternehmen im Bereich des Erwerbs und der Entwicklung von qualitativ hochwertigen Industrie- und Logistikimmobilien in den USA und in Europa, wo das Unternehmen seit 2013 aktiv ist (Sitz der europäischen Gesellschaft ist Luxemburg). In Deutschland hat Hillwood laut eigenen Angaben auf der Homepage des Unternehmens drei Logistikzentren entwickelt: in Düsseldorf, Gaggenau (Baden-Württemberg) und Weiterstadt bei Darmstadt. Alle drei Projekte, deren Dimension sich zwischen 34.000 und 50.000 Quadratmetern bewegt, wurden spekulativ entwickelt: Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Hallenbaus noch nicht feststand, wer dort Flächen mieten wird.

Bedenken wegen der hohen Lkw-Belastung

Da das Gebiet als Industriegebiet ausgewiesen sei und ein Bebauungsplan dafür bestehe, sei die Größe genehmigungsfähig, so die Kreisverwaltung. Wie bei einem solchen Objekt üblich, müssten mehrere Fachbehörden beteiligt werden. Die Stellungnahmen von Brandschutz und Gewerbeaufsicht lägen bereits vor, hier gebe es keine Einwände; die Stellungnahmen der Denkmalschutzbehörde sowie der Unteren Wasserbehörde und das Einvernehmen der Gemeinde stünden noch aus. Im Schallschutzgutachten, das vom Investor beauftragt worden sei, werde eine maximale Anzahl von 320 Lastwagen genannt, die pro Tag das Logistikzentrum anfahren – mit Hin- und Rückfahrt also 640 Lkw-Bewegungen in 24 Stunden. Ob diese Anzahl tatsächlich erreicht werde, sei ungewiss, denn es sei noch nicht bekannt, welche Unternehmen dort einziehen werden, so die Kreisverwaltung. Aber für diese Größenordnung sei der Bauantrag gestellt worden. Niedrigere Zahlen nennt der Bürgermeister im Gespräch mit der RHEINPFALZ: Demnach werde tagsüber (6 bis 22 Uhr) mit 25 Lkw-Bewegungen pro Stunde gerechnet, nachts (22 bis 6 Uhr) mit sechs pro Stunde, insgesamt knapp 450 Lkw-Bewegungen täglich. Diese Zahlen resultierten aus einem Verkehrsbelastungsgutachten, das die Gemeinde angefordert habe, als ein 2900 Quadratmeter großer Streifen an den Investor verkauft wurde. Es könne aber sein, dass im Zuge des Bauantrags die Anzahl aktualisiert worden und auf ein Maximum ausgelegt worden sei, so Lorch. Laut Kreis hat der Antragsteller für die Größenordnung von 640 Lkw-Bewegungen ein Schallschutzgutachten eingereicht, dessen Ergebnisse sich im erlaubten Rahmen bewegen. Die Gemeinde habe aber Bedenken, ob die Straßen rund ums Logistikzentrum diesen Lkw-Verkehr fassen können beziehungsweise ob die Erschließung entsprechend gewährleistet sei. Deshalb habe die Gemeinde ihr Einvernehmen noch nicht erteilt. Das bestätigt Lorch: Wegen der zu erwartenden hohen Verkehrsbelastung durch den Lkw-Verkehr habe die Verwaltung den Landesbetrieb Mobilität (Speyer) mit der Bitte um eine Prüfung angeschrieben, bisher aber noch keine Stellungnahme erhalten.

An - und Abfahrt über Westrandstraße und Kreisel

Laut Bauantrag sollen bis zu 250 Arbeitsplätze im Drei-Schicht-Betrieb mit abgesenkter Aktivität in den Nachtstunden entstehen. Zur genannten Anzahl von Lkw-Bewegungen kämen also noch die Pkw der Mitarbeiter hinzu. Vor diesem Hintergrund müssten die Verkehrswege geprüft werden, so Lorch. Da anzunehmen sei, dass die meisten Lkw von der A 65 kommen beziehungsweise dorthin fahren, sei eine An- und Abfahrt über Westrandstraße, Badepark-Kreisel, Hubertushof-Kreisel und Fabrikstraße möglich oder durch das Industriegebiet. Es sei nicht daran gedacht, eine Zufahrt direkt von der Westrandstraße aus zum Logistikzentrum zu schaffen, betont Lorch. Hätte die begonnene Sanierung der Westrandstraße vor dem Hintergrund der mit dem Logistikzentrum anwachsenden Lkw-Belastung nicht anders geplant werden müssen? Lorch verneint: Das eine habe mit dem anderen nichts zu tun: „Wir würden die Straße genauso ausbauen.“ Grundsätzlich entspreche das Projekt den Vorgaben des Bebauungsplans, die zulässige Baumassenzahl im Industriegebiet (neun Kubikmeter umbauter Raum pro Quadratmeter) werde nicht überschritten, so Lorch. Aber eine Halle dieser Dimension sei schon „ein großes Bauwerk“. Neben der Verkehrsproblematik gelte es noch viele Fragen zu klären: Das reiche von wasserrechtlichen Belangen (Abstand zum Rehbach) über die Frage einer Kompensationsfläche (Überschwemmungsgebiet) bis zu einem Entwässerungskonzept für das Oberflächenwasser. Es sei davon auszugehen, dass hochwasserangepasstes Bauen zur Auflage gemacht werde. Geprüft werde müsse auch, inwieweit Belange des Landschafts- und Naturschutzes berührt werden (Wasserschutzgebiet). Am Rehbachufer seien unerlaubterweise bereits vor dem 1. Oktober Rodungsarbeiten gelaufen, die aber noch im September gestoppt worden seien. Nach Informationen der RHEINPFALZ sind die Rodungen im Oktober aber wieder aufgenommen worden. Dabei soll es auch zu Zerstörungen an der Uferbefestigung gekommen sein.

Nachbarschaft befürchtet erhebliche Auswirkungen

Probleme sieht Lorch auch im Hinblick auf die Nachbarschaft: Der Bebauungsplan des Industriegebiets erlaube ausnahmsweise auch Betriebsinhabern eine Wohnbebauung auf Gewerbeflächen. So wohnen unmittelbar gegenüber der geplanten Halle eine Reihe von Gewerbetreibenden. Außerdem befindet sich dort die denkmalgeschützte und aufwendig renovierte Obermühle aus dem 18. Jahrhundert, in der sich unter anderem ein Gesundheitszentrum mit Seminarräumen, Wohnungen und eine Pferdepension befinden. Ann Bockslaff vom „Centrum Obermühle“ sagt gegenüber der RHEINPFALZ, insbesondere durch den Lkw-Verkehr sei eine erhebliche Beeinträchtigung für das Unternehmen zu erwarten – abgesehen vom Anblick einer 15 Meter hohen Hallenwand in nur geringer Entfernung. Darüber hinaus seien wegen der stark anwachsenden Verkehrsbelastung nicht nur das Industriegebiet, sondern auch die ganze Gemeinde betroffen. Familie Bockslaff will sich beraten lassen und schließt juristische Schritte nicht aus.

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