Neustadt Gegen Tourismus im Weinberg

Ungefähr an dieser Stelle, plant das Weingut Kriegshäuser die neue Halle.
Ungefähr an dieser Stelle, plant das Weingut Kriegshäuser die neue Halle.
Das Vorhaben

Das Weingut Karl Kriegshäuser aus der Diedesfelder Kreuzstraße ist auf Expansionskurs, hat seine Anbaufläche von 10 auf 50 Hektar ausgeweitet und plant nur im Außenbereich zwischen Diedesfeld und Hambach in der Gemarkung „Im Seidenstrick“ eine zweigeschossige Maschinenhalle mit den Außenmaßen von 36 auf 20 Metern und zwei Wohnungen (wir berichteten). Ein zweiter Bauabschnitt sieht auch eine Vinothek vor. Die Rechtslage Die Landwirtschaftskammer befürwortet das Projekt. Umweltabteilung und Denkmalschutz haben keine Bedenken. Die Bauordnungsabteilung sieht einen Rechtsanspruch nach Paragraf 35 des Baugesetzbuches, da es sich um einen privilegierten Betrieb handelt. Bei einer Ablehnung habe eine Klage deshalb Aussicht auf Erfolg. Die Bedenken der Politik „Die moderne Architektur ist mir lieber als eine Stahlhalle, aber trotzdem würde auf Dauer mitten im Wingert ein Dorfcharakter entstehen“, sagt Christoph Bachtler (FWG). „Es gibt keine Zu- und Abfahrten. Wir sollten dem Betrieb eine Alternative an einem anderen Standort bieten“, fordert Kurt Werner (Grüne). Für Pascal Bender (SPD) „wird die Kulturlandschaft zersiedelt“. So ein Projekt sei nur in der Ortsrandlage möglich. Für Clemens Stahler (CDU) stehen hinter der Idee des Paragrafen 35 rein landwirtschaftliche Aspekte. Die würden ausgehöhlt, wenn es langfristig gesehen nur noch darum gehe, sich aus Vermarktungsgründen in einem Weinberg anzusiedeln. Ablehnung des Ortsbeirates Da „Im Seidenstrick“ komplett auf Hambacher Gemarkung liegt, tagte der Ortsbeirat mit dem Bauausschuss. Ortsvorsteherin Gerda Bolz befürchtet, dass mittelfristig über die Vinothek und die Wohnmobilstellplätze der Tourismus angekurbelt werden soll. Paragraf 35 sei aber dafür da, der Landwirtschaft effiziente Abläufe zu erlauben. „Das kommt aus der Zeit, als der Traktor noch viel langsamer war als heute und dort untergestellt werden sollte, wo er auch gebraucht wird“, so die Tochter eines Winzers. Weder die Wirtschaftswege noch die Zufahrten über die Weißkreuzstraße und „Zum Klausental“ könnten den zu- und abfahrenden Verkehr aufnehmen. „Wir reden da von 30- und 40-Tonnern, die Wein abholen“, so Bolz. An Wochenende würden die Wege stark von Fußgängern frequentiert, Zielkonflikte mit Wohnmobil-Touristen und Besuchern einer Vinothek seien programmiert. Die Alternativ-Standorte Mehrere Redner verwiesen das Weingut auf Flächen, die ihm ebenfalls gehören. Dazu zählt ein Grundstück „Im Ölgässel“ oder eine zweite Fläche in der Nähe der Bundesstraße. Das lehnte Inhaber Karl Kriegshäuser bislang aber ab. Ortsvorsteherin Gerda Bolz verweist darauf, dass der Ortsbeirat bereits 2009 ein Flächenkonzept für Aussiedlungen vorgelegt habe, dass die Stadt nie aufgriff. Dort sind zum Beispiel der Bereich zwischen der Kreisstraße 9 und dem Sportplatz, die Fläche unterhalb der Hambacher Mühle, die Ostseite des Horstweges und die Südseite der Banngasse aufgelistet. Die Gegenrede Steffen Christmann, Vertreter der FDP im Bauausschuss und Winzer aus Gimmeldingen, macht deutlich, dass eine Ausweisungszone nur dann sinnvoll sei, wenn die Stadt vorher auch die Grundstücke kaufe: „Es liegt doch auf der Hand, dass ein anderer Winzer für die Aussiedlung eines Wettbewerbers keine Flächen hergibt oder sich dabei bei seinen Preisforderungen nicht bescheiden verhält.“ Christmann verwies auf die Probleme der Weingüter in den Ortskernen, die auch nur schwer expandieren könnten. Das habe er bei seinem eigenen Unternehmen erfahren. „Dann müssen wir auch klare Kante zeigen. Und da gehört es dazu, dass um 6 Uhr der Traktor vorfährt und das nicht als Lärmbelästigung bei den Nachbarn gesehen wird“, so Christmann. Der FDP-Vertreter rief dazu auf, dass Thema nicht immer nur anlassbezogen zu diskutieren, sondern ein Konzept für alle Ortsteile aufzustellen. Wie geht es weiter? Fast alle Redner machten deutlich, das Weingut bei der Standortsuche unterstützen zu wollen. „Im Seidenstrick“ sollte aber notfalls auch juristisch verhindert werden – notfalls mit einer Veränderungssperre. Oberbürgermeister Marc Weigel schlug vor, erneut mit dem Unternehmen das Gespräch zu suchen.

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