Ludwigshafen Was man mit Papier so alles machen kann

Ein guter alter Bekannter bei Peter Zimmermann, eine Geburtstagsausstellung bei Angelo Falzone und ein kursorischer Blick auf das Arbeiten mit Papier bei Ursula Keller: Mit neuen Arbeiten von Camill Leberer, einer kleinen Rückschau auf das Werk von Gabriele Dahms und den „paperworks“ von fünf Künstlern bewegen sich die drei Mannheimer Galerien auf unbedingt sicherem Gelände.

Camill Leberer ist Bildhauer und Objektkünstler. Man könnte ihn in aller Vorsicht aber auch einen Maler nennen, der Metall, Glas, Spiegel, Farbe und Licht zu hochartifiziellen Bildungen fügt. Es ist die inzwischen fünfte Ausstellung in der Galerie Zimmermann, unbekannt ist der Wahl-Stuttgarter in Mannheim also nicht. Die Arbeiten sind immer gelassener, auch großzügiger geworden mit den Jahren. Inzwischen geben sie sich fast schon mondän, was die Wirkung und die inzwischen schockierend perfekt inszenierte Koloristik angeht. Da werden Glasscheiben zu irisierenden Objekten gebündelt („Speicher“ ist der treffende Titel), die Ansichten wechseln mit Tageszeit, Standort und Lichtverhältnissen, das gilt auch für die scheinbare Spontaneität mit einer konstruktiven Grundhaltung verbindenden Bildtafeln an der Wand. Angelo Falzone ist nun doch nicht in den Mannheimer Stadtrat gewählt worden. Aber verdient gemacht um die Stadt hat sich der Galerist in jedem Fall mit der kleinen Ausstellung zum siebzigsten Geburtstag von Gabriele Dahms, eine Kooperation mit der Stiftung Künstlernachlässe, die das Erbe der 1999 im Alter 55 Jahren plötzlich verstorbenen Künstlerin bewahrt. Gabriele Dahms hat mit tachistischen Bildern begonnen, fand nach ausgedehnten Fernostreisen dann ziemlich schnell zu einer meditativen Malweise. Mit dem seit 1983 ausschließlich verwendeten Bildtitel „Tao“ ist die Richtung ihrer nach innen gekehrten Malerei angegeben. Die mit Farbe, Sand und Erde in vielen Schichten mehr getränkten als bemalten Tücher kommen mit einem minimalen formalen Gerüst aus. Viel von sich her machen sie auf den ersten Blick nicht; sie brauchen Geduld, sind keine Kunst für den Marktplatz. Fast fürchtet man, die Zeit dieser stillen Exerzitien könnte vorbei sein. Es bleibt zu hoffen, dass dem nicht so ist. Letzte Station: Keller auf dem Lindenhof, wo es unter dem Stichwort „paperwork“ auch nicht gerade laut zugeht. Fünf Künstler der Galerie zeigen, was man mit Papier so alles machen kann: Josef Bücheler, indem er schweres Bütten rüde aufreißt und die Wunden mit kräftigem Graphit zu plastischer Wirkung steigert, Aja von Loeper, die Papiere mit einem Holzkeil bearbeitet, Sibylle Schlageter, deren fein gesponnene Collagen architektonische Fantasien nicht verleugnen. Nicht unbedingt neu, aber tragfähig ist der Ansatz von Martin Bruno Schmid, der mit gespitztem Bleistift dicht an dicht Löcher ins Papier stanzt. „Bohrzeichnungen“ nennt er die wolkig bewegten Ergebnisse. Brandneu und eigens für den hinteren Galerieraum geschaffen wurde die Arbeit „Cloud“ von Jan Blaß, für die man eine niedliche Mini-Broschüre aufgelegt hat. Lesend lernen wir, wie ein verirrter Vogel den Künstler zu einem beweglichen „Schwarm“ im Raum inspirierte. Facebook-Fotos (also das banalste Bildmaterial, das sich einer vorstellen kann) wurden mit Kugelschreiber auf Aquarellpapier nachgezeichnet, zu plastischen Objekten geformt, diese durch Eintauchen in flüssiges Wachs stabilisiert und locker über die Wände verteilt. Ihr Finish erhält „Cloud“ durch ein zylindrisches Objekt an der Decke, das sich drehend und leuchtend Raum und Objekte gnadenlos abtasten soll: Großer Bruder oder was?

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