Ludwigshafen Wälder der Erinnerung

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Malerei als Fusselarbeit. Anders lassen sich die Bilder von Xavier Deshoulières in der Mannheimer Galerie Peter Zimmermann nicht beschreiben. In der Galerie Grandel kann man das genaue Gegenteil sehen. Dort haben die Gouachen von Cordula Güdemann einen explosiven Auftritt. Und in der März-Galerie hat Blanka Heinecke ihr konstruktiv-konkretes Sortiment neu sortiert. Siegfried Kreitner, Rita Rohlfing und Serena Amrein dürften sich gewundert haben, wie gut sich ihre Positionen vertragen.

Er kann, so scheint es, nicht leben ohne den Trost der Bäume. Xavier Deshoulières liebt den Wald, den Dschungel, das Dickicht und das Gestrüpp. Alles in akribischer Handarbeit gemalt mit feinstem Pinsel, eine monochrome, fad verschossene Ton-in-Ton-Malerei, unendlich dicht verwoben, die Farben von abweisender Künstlichkeit. Es sieht aus wie Landschaftsmalerei, vielleicht ist es auch eine. Man denkt an alte Tapeten und hauchzarte Spitzen und kehrt doch immer zu den Wäldern der Erinnerung zurück. Sie als romantische zu beschreiben fällt bei so viel porentiefer Gründlichkeit schwer, die Faszination bleibt: Eine eindrucksvolle Premiere des in Paris lebenden Malers in der Galerie Zimmermann. Bei Grandel dürfen wir von der „Freiheit der Schiffe“ schwärmen. Ein anspielungsreicher Ausstellungstitel schwebt über Farbtumulten, deren Kraft selbst den dicksten Herbstnebel durchdringen müsste. Rot ist die Lieblingsfarbe von Cordula Güdemann, ein unendlich in sich differenziertes Rot, ohne das die anderen Farben bloße Zuarbeiter wären. Was der christlichen Seefahrt recht ist, kann der Stuttgarter Akademieprofessorin nur billig sein; über die Autarkie ihrer Malerei wird nicht verhandelt, wenn sie Kurs zwischen Gegenständlichkeit und Nichtgegenständlichkeit nimmt, bleibt sie der Kapitän. Die ausgestellten Gouachen verzichten (so gut wie) auf Gegenständliches, sie sind ein Triumph der Schnelligkeit, wie rasch hingefetzt, unendlich sicher in der Pinselführung, der furios hingestrichenen Farbe, dem Bildrhythmus und der irritierenden räumlichen Tiefe, die sich aus ausgelassenen weißen Partien ergibt. Siegfried Kreitner nennt sich „Minimalkinetiker“. Er hat die Langsamkeit zwar nicht erfunden, aber er beherrscht sie mit einer Penetranz, die an Anmut grenzt. Aluminiumkuben haben leise atmende Wände und farbiges Licht im Innern, Elemente einer schmalen Säule bewegen sich in Zeitlupe. Dass es nicht alle sind, erkennt erst der geduldige Blick. Rita Rohlfings „Spaces“ sind mehr als nur raffinierte Sparringspartner, man hat diese wunderlichen Acrylglaskästen schon öfters bei Blanka Heinecke in der März Galerie gesehen. Drinnen schräg angeordnete Farbstreifen, die je nach Standort und Tageszeit neue Konstellationen ergeben. Auf dem Boden des „Cube“ hat Serena Amrein eine rahmenartige Form aus leuchtend orangegelbem Staub hinterlassen. „Aufzeichnen“ heißt die dreiteilige Arbeit, mit der die in Darmstadt lebende Schweizerin eine neue Variante ihrer Schlagschnurtechnik vorführt. Auf einen in einen tischartigen Kasten eingelassene Bildträger hat sie mit Pigmenten versehene Schnüre gespannt und mit den Fingern „schnalzend“ bespielt, wie eine große Harfe. Das Resultat: Ein auf die Bewegung der Beine der agierenden Künstlerin ausgerichtetes dokumentarisches Video, das fertige Bild an der Wand, der bei der Aktion anfallende Pigmentstaub als temporäre Raumzeichnung im Cube. Und die ist das Schönste. Öffnungszeiten —Galerie Zimmermann in Mannheim, Leibnizstraße 20. Bis 29. Oktober, Dienstag bis Freitag 12.30-18 Uhr, Samstag 11-14 Uhr. —Galerie Grandel in Mannheim, S4, 23. Bis 29. Oktober, Dienstag bis Freitag 14-19 Uhr, Samstag 10-16 Uhr. —März Galerie in Mannheim, Augartenstraße 68. Bis 22. Oktober, Mittwoch bis Freitag 15-19 Uhr, Samstag 13-17 Uhr.

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