Ludwigshafen Von kriminellen Vorfahren

«Schifferstadt.»Wer in Schifferstadt etwas über seine Vorfahren erfahren möchte, der muss zu Johann Benedom (80) gehen. Seit Ende der 1980er Jahre begann er, sich für Genealogie zu interessieren. Eine Tante hatte ihm einen unvollständigen Abstammungsnachweis aus der NS-Zeit gezeigt, „da wollte ich die Lücken füllen und mehr über meine Ahnen erfahren“, erzählt er. Er stöberte in Archiven und fand die fehlenden Namen. Aber das genügte ihm nicht. Da muss doch noch mehr sein, habe er sich damals gefragt. „So habe ich mich mit dem Bazillus angesteckt“, erzählt er – geheilt ist er davon bis heute nicht. Heute ist der 80-Jährige Vorsitzender der Ortsgruppe „Familienforscher im Verein der Pfälzisch-Rheinischen Familienkunde“, die er 2002 gründete. Seine eigenen Wurzeln konnte er bis ins Jahr 1480 zurückverfolgen. Und dabei kam Erstaunliches zutage. Zum Beispiel die Lebensgeschichte jenes Johann Jakob Benedom, der im 18. Jahrhundert lebte und mit dem berühmten Schinderhannes gemeinsame Sache machte. Der Schinderhannes – alias Johannes Bückler – ist eine Räuberlegende und wurde posthum unter anderem als Robin Hood vom Hunsrück bezeichnet. Er trieb Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts sein Unwesen. Erpressung, Raubüberfälle und Morde sollen auf sein und das Konto seiner Räuberbande gehen. Und Benedoms Vorfahre war mitten unter ihnen. So soll Johann Jakob Benedom unter anderem eine feine Gesellschaft im Birkenfelder Schloss mit ausgeraubt haben und mit einem langen Messer in der Hand gefasst worden sein. Dafür wurde er von einem französischen Militärgericht in Trier zum „Tragen des roten Hemdes“ verurteilt. Mit anderen Worten: Er wurde ein Kopf kürzer gemacht – Tod durch die Guillotine. Und der Zufall wollte es, dass Johann Benedom fast 200 Jahre später jene original Guillotine aus Trier bei einem Familienforscher-Treffen in Mainz in einer Ausstellung zu Gesicht bekam. Auch eine lustige Geschichte konnte Benedom aus den Gerichtsakten seines Vorfahren lesen: „Er hat dem Schinderhannes auch Unterschlupf gegeben, als dieser mal wieder vor den Gesetzeshütern floh“, erzählt der 80-Jährige. Als diese sich seinem Haus in Langenbach näherten, flutet er eine Wiese, die Gendarmerie kam erste einmal nicht weiter und der berühmte Räuber konnte fliehen. Es sind genau solche Geschichten, die Benedom faszinieren. Familienforschung sei spannend, aber manchmal auch mühselig. So forscht er an einer Linie in seiner Familiengeschichte schon gut zwölf Jahre und steckt derzeit mit seiner Recherche in Frankreich in der Lombardier fest. Um Daten zu recherchieren, hat der ehemalige BASF-Chemikant neben dem Landesarchiv in Speyer alle Archive in sämtlichen Ortschaften der Umgebung abgeklappert. In Schifferstadt kann der Stadtarchivar auf Kirchen-, Gerichts- und Standesamtsbücher – sowohl in Original, in Kopie oder digitalisiert – zurückgreifen. Die gehen zum Teil bis ins 17. Jahrhundert zurück. Aber auch Bevölkerungs- und Steuerlisten, Zivilstands- und Grundstücksakten sind seine Quellen. Diese sind zum Teil in Französisch oder Sütterlin-Schrift verfasst, für letztere hat Benedom sogar einen Kurs belegt. Seine erfolgreichen Suchergebnisse digitalisiert er wiederum und pflegt sie in das Computerprogramm Gen_Plus ein. Und er konnte schon viele Anfragen bearbeiten, sehr oft auch welche aus Amerika. „So um 1850 sind viele Schifferstadter dorthin ausgewandert.“ Etwa drei Anfragen pro Jahr kommen aus den USA. „Die Amerikaner sind sehr an ihrer Familiengeschichte interessiert und selbst auch sehr auskunftsfreudig“, erzählt er. Denn: Auch einer seiner Vorfahren ist ausgereist ist. Ein Vater namens Heinrich Benedom mit seinen Söhnen Johannes und Georg, nachdem deren Mutter verstorben war. Seine Anfragen seien von den Amerikanern sehr ausführlich beantwortet worden. So weiß er zum Beispiel, dass es ein 300-Seiten-starkes Buch über diese Benedoms in den USA gibt. Die waren unter anderem Farmer und betrieben eine Sägemühle. Außerdem gibt es in Denver eine Benedom-Halle und einen Lake Benedom. Und so könnte der passionierte Familienforscher erzählen und erzählen. „Ich kann nichts dafür, ich muss einfach immer weiterforschen“, sagt er, zuckt mit den Schultern und lacht. Und das heute noch fast täglich mehrer Stunden. Noch Fragen? Jeden Donnerstag, 15 bis 18 Uhr, helfen Johann Benedom oder seine 15 Forscherkollegen im Schifferstadter Stadtarchiv, Kirchenstraße 20, bei Fragen zur Familienforschung. Auch können Termine unter Telefon 06235/44-450 oder per E-Mail an stadtarchiv-schifferstadt@web.de oder an johann.benedom@t-online.de vereinbart werden.

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