Ludwigshafen Schwierige Zeiten

Eine Symbiose von Text und Musik haben Ernst und Johannes Alisch im Mannheimer Theater Felina-Areal geschaffen. Für die Gedichte von Francois Villon und Heinrich Heine hat Johannes Alisch mit seinem Solo-Campanula die richtigen, meist improvisierten Klänge gefunden, die den starken Vortrag seines Vaters perfekt ergänzten.

In die Dunkelheit mischt sich allmählich ein von Moll-Tönen geprägter Klangteppich, der trotz seiner leicht bedrohlich anmutenden Kompositionsstruktur eine wohlige Atmosphäre schafft. Obwohl das Licht ganz langsam den Raum erhellt, bleibt ein Stücke der Dunkelheit noch vorhanden – in Form des schwarzen Bühnenvorhangs und der ganz in Schwarz gekleideten Protagonisten, die auf zwei Stühlen Platz genommen haben. Der Schauspieler Ernst Alisch, der in den 1970er und 1980er Jahren eine feste Größe am Mannheimer Nationaltheater war, sitzt zunächst mit dem Rücken zum Publikum, während sein Sohn konzentriert in sein Spiel versunken ist. Dabei scheut der studierte Musiker auch nicht vor Momenten der Stille zurück, setzt seinen Bogen auch mal als Schlaginstrument auf dem celloähnlichen Instrument ein. Seine düsteren Klangmotive bereiten geschickt auf die Texte vor. Denn auch in den Gedichten herrscht eine eher triste Grundstimmung. Kein Wunder: Immerhin gilt Villon als einer der bedeutendsten Dichter des Spätmittelalters, der sein Leben gleichwohl als Krimineller bestreiten musste und davon in seinen Balladen erzählt. In dem Gedicht „An den Herzog von Burgund“ bittet er die edlen Herren nach einer Rauferei um Gnade. Ernst Alisch gibt diesen Versen eine Leichtigkeit, die fasziniert. Der Schauspieler spricht nicht nur pointiert, sondern verleiht den Worten mit einem beeindruckenden Spiel aus Mimik und Gestik eine gewisse szenische Präsenz. So flüstert er mal, um in der nächsten Minute den Unmut, der in den Verszeilen steckt, herauszubrüllen. Er wird quasi zu Villon, der „seine Mitmenschen um Verzeihung bittet“ und gleichzeitig auf die schwierigen Lebensumstände seiner Zeit aufmerksam macht. Die monoton-dumpfen Klänge von Johannes Alischs Campanula geben den Worten zusätzliche Eindringlichkeit. Etwas fröhlicher ist die „Mäuseballade“ – obwohl auch deren Kern eher zum Nachdenken anregt, immerhin heißt es hier: „Hör zu, es ist kein Tier so klein, das nicht von dir ein Bruder könnte sein.“ Bei Heinrich Heines „Traumbild Nummer 8“ können die aufmerksam lauschenden Besucher endlich mal herzhaft lachen. Denn Alisch gibt den verschiedenen Personen, die da von ihrem Tod berichten, unterschiedliche Stimmen und liefert damit eine glanzvolle Ein-Mann-Show ab, mit der er zeigt, warum ihn die Zeitschrift „Theater Heute“ mehrfach zum Schauspieler des Jahres gekürt hat. Passend zum Thema Traum hüllt sich die Bühne dann allmählich wieder ins Dunkel – erneut begleitet von melancholischen Tönen und dem Beifall des begeisterten Publikums.

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