Ludwigshafen Reichtum der Farben

Beeindruckend präsentierte der englische Organist John G. Scott die Vleugels-Orgel in der Schifferstadter Sankt Jakobus Kirche, deren Weihe sich zum 15. Mal jährte. Für Klangfarben und Dynamik des Instrumentes hatte er ein feines Gespür. Auch das Programm war ungewöhnlich: Scott stellte vor allem englische Komponisten aus dem 19. und 20. Jahrhundert vor.

Scott hat einen Blick fürs Ganze – das gilt sowohl für die Werke, die er spielte, als auch für das Instrument, das es aufs Neue vorzustellen galt. Große Spannungsbögen und eine Dynamik, die konsequent Höhepunkte und Dramatik entwickelte, kennzeichneten Scotts Konzert. Ein Orgelkonzert ist immer eine Interaktion zwischen dem Instrument und dem Organisten. Als international tätiger Künstler hat Scott viel Erfahrung. Für die Vleugels Orgel in Sankt Jakobus wählte er ein Programm, das sinfonische und orchestral angelegte Werke in den Mittelpunkt stellte. Selbst den obligatorischen Johann Sebastian Bach, ohne den kaum ein Orgelkonzert stattfindet, ließ er in der Schublade. Natürlich lassen sich auf dem Instrument auch barocke Werke spielen, aber die vorhandenen Register lassen gerade romantische und sinfonische Werke zur Geltung kommen. Den Anfang die Transkription eines Orchesterwerks, die Ouvertüre des Oratoriums „Paulus“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Scott arbeitete geschickt mit den Farben der Register, die Streicher und Bläser vorstellen. Für schnelle dynamische Effekte nutzte er das Schwellwerk, und zum dramatischen Finale durfte die Orgel strahlen und mit glänzenden Höhen und monumentalen Bässen ordentlich Eindruck machen. Der Versuchung, einige der vorhandenen Spezialeffekte einzusetzen, konnte Scott widerstehen. Auch ohne Vogelzwitschern, Zimbelklingeln und grollendem „Zorn Gottes“ gab ihm die Orgel genügend Farben. Mit leisen Streicher-Registern begann Scott das Adagio in E von Frank Bridge, einem englischen Violinisten, dessen Schüler Benjamin Britten wesentlich bekannter war als er selber. Von Edward Elgar kennt man den sehr feierlichen Marsch aus „Pomp and Circumstances“, Scott wählte jedoch den hierzulande unbekannten „Imperial March“ – auch das wieder eine Orchester-Transkription. Diese klang heiter und kräftig, wobei Scott hierbei durchaus orgel-eigene Klangfarben verwendete und nicht versuchte das marschierende Blasorchester zu imitieren. Natürlich hatte Scott auch Originalstücke für Orgel im Programm. Die Fantasia und Toccata in d-Moll von Charles Viliers Stanford ist eine kühne Komposition mit viel Dramatik und spannungsvollen chromatischen Passagen. Scott registrierte kontrastreich. Er entwarf ein schlüssiges Gesamtbild und riss die Zuschauer derart mit, dass einige spontan applaudierten – obwohl Scott sich eigentlich Stille bis zum Abschluss des Konzerts erbeten hatte.

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