Ludwigshafen Klangmächtiger Prophet

Mit seinem Projektchor Camerata Vocale hat sich der Ludwigshafener Bezirkskantor Georg Treuheit an ein anspruchsvolles Werk gewagt: Felix Mendelssohn Bartholdys großangelegtes Oratorium „Elias“. Das Unternehmen wurde ein voller Erfolg.

Unter Treuheits Leitung bereiteten die vier Gesangssolisten, der Chor und das Orchester dem Werk in der St. Dreifaltigkeitskirche im Hemshof eine eindrucksvolle Aufführung. Die Zuhörer, die alle Beteiligten begeistert feierten, wussten wohl schon vorher, was sie erwartet. Denn trotz Konkurrenz durch weitere Chorkonzerte war die großräumige Kirch so gut wie voll besetzt. Zehn Jahre lang suchte Mendelssohn für sein zweites Oratorium nach einem Librettisten. Der Komponist benötigte einen passenden Text für die alttestamentarische Geschichte vom Propheten Elias, der über den vom Gott Israels abgefallenen König Ahab und sein Volk ein Gottesurteil beschwört und später nach einer Gotteserscheinung auf dem Berg Horeb seine Himmelfahrt erlebt. Mendelssohn wollte keine für den Zeitgeist typische biedermeierlich-kontemplative Gestaltung des Stoffes, sondern eine dramatische, den Fortgang der Handlung betonende Darstellung. Das Textbuch seines Freundes Julius Schubring hat zwar auch seine erbaulichen Stellen, aber es entspricht doch Mendelssohns Intentionen, und dies drückt sich in der binnen weniger Monate entstandenen Partitur aus. Im Aufbau orientiert sich Mendelssohn an den Passionen von Johann Sebastian Bach. Insgesamt wirkt der „Elias“ jedoch ausgesprochen romantisch, oft geradezu opernhaft. Treuheit beschwor in seinem Dirigat diesen romantisch-dramatischen Tonfall, gab auch den lyrischen Passagen ihren Raum, ließ aber keine nazarenische Langatmigkeit zu. So sorgte er dafür, dass der Textgehalt suggestiv herüberkam. Die Camerata Vocale sang machtvoll (was vor allem den dramatischen Passagen zugute kam) und intonationssicher, auch homogen und immer präsent. Selten machte sich das zahlenmäßige Ungleichgewicht zwischen Männer- und Frauenstimmen bemerkbar. Der Chor hielt auch ohne Ermüdungserscheinungen bis zum Ende des zweieinviertelstündigen Werks durch. Schön auch die Beiträge des Coro Piccolo, dem kleinen Kammerchores des Ludwigshafener Dekanats, in den halbsolistischen Gesängen der Engel. Für die ausgedehnte und überaus anspruchsvolle Titelpartie im „Elias“ bedarf es eines Solisten von außerordentlicher Qualität, am besten eines Opernsängers von internationalem Rang. Der Bass-Bariton Wolfgang Newerla, der unter anderem an der Münchner Staatsoper singt, ist ein solcher. In Ludwigshafen litt er allerdings unter einer Erkältung. Das war gelegentlich zu spüren. Insgesamt lieferte er trotz der Beeinträchtigung eine imponierende Leistung. Kraftvoll seine Stimme, mitreißend seine dramaturgisch geradezu bühnenhafte Ausgestaltung der prophetischen Beschwörungen, eindrucksvoll auch in der großen Arie „Es ist genug“, die er zunächst absagen ließ, dann aber doch sang. Klangmächtig, von opernhaft-dramatischem Impetus bestimmt sang die Sopranistin Maraile Lichdi. Wunderbar filigran und differenziert, ohne das bei Altistinnen zuweilen anzutreffende pseudodramatische Tremolieren, dafür klar und mit großer Textverständlichkeit gestaltete die aus Schifferstadt stammende Judith Mayer ihre Alt-Partie. Hell timbriert, sehr schön lyrisch und weich klang der Tenor von Dominik Geiger. Und bei dem aufmerksam und akzentuiert musizierenden Heidelberger Kantatenorchester war der instrumentale Part in besten Händen.

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