Ludwigshafen „Ich habe immer eine Banane dabei“

Nikola Hillebrand singt aktuell in „Fidelio“ und ab Februar in „Carmina Burana“.
Nikola Hillebrand singt aktuell in »Fidelio« und ab Februar in »Carmina Burana«.
Frau Hillebrand, herzlichen Glückwunsch noch zur Verleihung des Arnold-Petersen-Preises. Was meinen Sie, aus welchen Gründen Sie den Preis verdient haben?

Die Gründe? Nun, weil ich sehr oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Glück spielt in meinem Beruf eine große Rolle. Glück und Disziplin. Beides bedingt sich gegenseitig, denn ohne ein bisschen Glück bringt auch harte Arbeit nichts. Genauso muss man Chancen nutzen, sonst hört auch das Glück irgendwann auf. Ihre Laufbahn wirkt ganz geradlinig. Wollten Sie schon immer Opernsängerin werden? Das Singen kam im Grunde zu mir. Meine erste große Liebe aber war das Ballett. Dadurch hatte ich auch schon eine Verbindung zur klassischen Musik. Und in der fünften Klasse habe ich bei einem Schulkonzert ein Mädchen ein Solo singen gehört. Das hat mich so fasziniert, dass ich das auch wollte. Ich habe also angefangen, Gesangsunterricht zu nehmen, und schnell gemerkt, dass klassischer Gesang das ist, was mir am meisten liegt und wo das Stimmmaterial da ist. Tanzen Sie auch noch? Ja, unter der Dusche. Unter der Dusche? Wo andere singen, tanzen Sie? (Lacht.) Genau, tatsächlich singe ich unter der Dusche nicht. Ballett tanze ich leider nicht mehr, weil das mit dem Singen von der steifen Körperspannung nicht so gut zusammengeht. Wie bereiten Sie sich auf Ihre Rollen vor? Das kann man so pauschal nicht sagen. Ich recherchiere natürlich im Vorfeld über die Rolle, schaue den historischen Hintergrund an, wie das Frauenbild war, was schicklich war und was nicht. Ich habe zum Beispiel letztes Jahr den Oscar in Verdis „Maskenball“ gesungen und vorher geübt, als Junge zu gehen. Schließlich konnte ich da nicht einfach meine Hüften schwingen. Ich habe unterwegs also immer versucht, eher „straight“ wie ein Mann zu gehen. Sie üben Ihre Rollen also, während Sie unterwegs sind? Tatsächlich mache ich das sehr häufig. Sobald es mit den Korrepetitionen losgeht, bekomme ich auf einmal einen Ohrwurm von meiner Rolle. Manchmal laufe ich dann auf der Straße und singe einfach so vor mich hin. Ich glaube, manchmal schauen mich die Leute auch ein bisschen komisch an. Aber so habe ich es ganz schnell auswendig. Hatten Sie schon einmal Textaussetzer oder andere Patzer bei einem Konzert? Ich bin eigentlich ziemlich textsicher. Aber einmal habe ich bei einer Zugabe plötzlich die Strophe vergessen und nur noch „Lalala“ gesungen. Aber das Konzert war toll gelaufen und das Publikum super drauf. Die fanden es total lustig und haben mit mir gelacht. Sie waren zuletzt in Monteverdis „Krönung der Poppea“ zu hören. Bereiten Sie sich hinsichtlich historischer Aufführungspraxis anders auf eine solche Oper vor als zum Beispiel auf einen Mozart? Man muss natürlich immer beachten, wie zu einer Zeit überhaupt gesungen wurde. Besonders, was die Gestaltung und Phrasierung angeht. Aber generell versuche ich unabhängig des Stils mit meiner Stimme zu singen. Ich verändere die nicht, nur weil ich Monteverdi singe, sondern bleibe bei meinem Klang. Das ist ganz wichtig. Ansonsten würde ich wahrscheinlich der Stimme schaden, wenn ich sie in etwas reinzwänge, was sie nicht ist. Die Stimme ist ja auch ein unglaublich filigranes Instrument, das sehr schnell angeschlagen ist. Wie geht man damit als professionelle Sängerin um? Das ist eine gute Frage. Ich glaube, man muss sich über die Jahre so gut wie möglich selbst kennenlernen und wissen, wann man Pausen braucht. Damit meine ich nicht nur Stimmpausen, sondern auch körperliche. Wenn ich müde oder angeschlagen bin, wirkt sich das auf die Stimme aus. Dann muss man auch einmal absagen. Das ist zwar immer schwierig, aber wir Sänger haben nur ein Instrument. Das kann man nicht ersetzen, wenn es kaputt ist. Wie verbringen Sie während einer Opernaufführung die Zeit hinter der Bühne, bis Sie wieder auftreten müssen? Ich habe immer meine obligatorische Banane dabei. Mein persönliches Superfood. Die gibt mir nach einem anstrengenden Akt wieder Power. Die Banane ist also Ihr Rettungsanker? Ja genau, die muss echt sein. Die hat viel Energie, aber wenig Säure und greift daher die Stimme nicht an. Ansonsten versuche ich eigentlich ruhig zu bleiben, vielleicht etwas zu lesen, wobei ich dafür meistens doch nicht die Ruhe habe. Es kommt immer auf die Produktion an. Welche Rollen stehen bei Ihnen als nächstes an? Aktuell singe ich die Marzelline in Beethovens „Fidelio“. Ich freue mich sehr darüber, die wieder zu singen. Das war meine erste größere Rolle am Theater. Am Samstag, 19. Januar, habe ich außerdem einen eigenen Liederabend mit Wolf, Brahms, Ravel und Debussy. Und ab Februar bin ich in „Carmina Burana“ zu hören. Auch das habe ich schon einmal gesungen. Allmählich komme ich an den Punkt, dass ich nicht mehr ausschließlich Debüts singe.

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