Ludwigshafen Gummidrops für gute Nerven

Das Verlagshaus der RHEINPFALZ in der Amtsstraße am Rande der Fußgängerzone Bismarckstraße ist seit 16 Jahren mein berufliches Zuhause. Nach Stationen in den Westpfalz-Lokalredaktionen Kaiserslautern und Kusel habe ich in Ludwigshafen Wurzeln geschlagen. Mein Büro in der Stadtredaktion der Ludwigshafener Rundschau bewohne ich seit mittlerweile neun Jahren. Ich mag das helle Zimmer im hinteren Erdgeschoss des kantigen Gebäudekomplexes, weil es hier in der Regel sehr ruhig ist und die Sommersonne nur eine Stunde am Morgen durch die großen Fenster scheint. Nachmittags werden dann meine Kollegen in den Zimmern auf der anderen Seite des Ganges gegrillt, während ich mein schattiges Plätzchen genieße, durch die geöffneten Fenster Vogelgezwitscher zu hören ist und oft sogar ein frisches Lüftchen weht. Mein stets gut gelaunter Kollege Axel Nickel, mit dem ich mir das Zimmer seit vier Jahren teile, macht das Arbeitsklima perfekt. Mit der Ruhe ist es derzeit leider vorbei. Denn das Verlagshaus aus den 1950er-Jahren braucht eine Fassensanierung. Im Unterschied zu anderen Gebäuden in Ludwigshafen, die in den Nachkriegsjahren errichtet wurden, wird der architektonisch nicht uninteressante Komplex zum Glück nicht einfach abgerissen, sondern renoviert. Da die Arbeiten nicht allzu lange dauern sollen, heißt es daher nun für alle Mitarbeiter: Zähne zusammenbeißen und durch. Was bei über 80 Dezibel nicht jedem leicht fällt. Und was vor allem manchem Anrufer, der den falschen Moment für sein wichtiges Anliegen erwischt, schwer zu vermitteln ist. Denn teils versteht man kaum sein eigenes Wort. Meine beiden Lokalchefs, Steffen Gierescher und Michael Schmid, die fast schon als altes Ehepaar durchgehen könnten, mussten sich gestern am frühen Nachmittag minutenlang anschreien, um sich über den Inhalt dieser Ausgabe auszutauschen. Schließlich meinte Schmid, auch kurz Mix genannt, entnervt: „Ich probier’s jetzt mal mit Lippenlesen.“ Dann stülpte er sich Kopfhörer über und fixierte angestrengt seinen Monitor. Unser Gebäudemanagement hat uns nicht nur per E-Mail ausführlich auf die Sanierung und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten vorbereitet. Wir wurden vielmehr auch bestens ausgerüstet. In der winzigen Teeküche der Lokalredaktion steht neuerdings ein großer Karton mit paarweise in Plastik verpackten gelben Ohrstöpseln. Beim konzentrierten Schreiben von Texten sind die hütchenförmigen flexiblen Schaumschoffdinger gerade ein unverzichtbares Utensil. Ich habe mir gleich mehrere Packungen gesichert und im Obstkorb auf meinem Schreibtisch griffbereit deponiert. Noch wichtiger sind unterdessen verschiedene hochwirksame Nahrungsergänzungsmittel für das ganze Team, die den stressenden Baustellenlärm erträglicher machen sollen: gesalzene Erdnüsse und Knabber-Salzbrezeln, Mini-Schokoriegel und bunte Gummidrops. Die Autorin Christiane Vopat (49) kümmert sich in der Stadtredaktion besonders um die Themen Schulen und Kitas, um die Interessen der Radfahrer und die Schwimmbäder.

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