Ludwigshafen „Grundversorgung nicht mehr gewährleistet“

91-93784588.jpg
Frau Reifenberg, die Stadt Ludwigshafen ist hoch verschuldet, die Kulturausgaben im Keller, wie viel Gestaltungsraum bleibt da noch für eine Kulturpolitikerin?

Die städtischen Ausgaben für Kultur und Theater nehmen im Haushalt gerade einmal noch 2,5 Prozent ein. Angesichts eines solcherart überschaubaren Etats ist Gestaltung zusehends schwieriger. Wir haben ja den Auftrag für eine kulturelle Grundversorgung, was für die Lebensqualität der Menschen wichtig ist. Gleichzeitig sind wir angehalten einzusparen, die Kulturausgaben sind seit Jahren nicht mehr erhöht worden. Die Gestaltungsfreiheit wird da immer stärker reduziert und die Frage der Schließung von Kultureinrichtungen kann sich dann irgendwann stellen. Sie haben ja kürzlich zusammen mit weiteren Kulturbürgermeistern aus Rheinland-Pfalz einen Brandbrief an die Landesregierung gesandt und auf die Folgen dieser Sparpolitik in der Kultur hingewiesen. Was war der konkrete Anlass? Der Fachausschuss des Städtetags in Rheinland-Pfalz hat festgestellt, dass der Kulturbereich in den Kommunen kaum mehr handlungsfähig ist. Grund ist die Deckelung der Etats durch die Aufsichtsbehörde ADD. Wenn wir aber an den bisherigen Programmangeboten in der Kultur festhalten möchten, ist dies ohne massive Abstriche nicht mehr realisierbar. Mit dem Brief wollten wir die Sorge zum Ausdruck bringen, dass die kulturelle Grundversorgung in den Kommunen nicht mehr sichergestellt ist. Sie erwähnen die Kommunalaufsicht, welche Rolle spielt diese in der aktuellen Kulturpolitik? Die ADD ist für uns der Hauptansprechpartner, was die Deckelung der Etats angeht. Das betrifft die sogenannten freiwilligen Leistungen, dazu gehört auch die Kultur. Der Haushaltsansatz für Kultur in 2017 sieht 17 Millionen vor, was von der ADD aber noch nicht genehmigt ist. Kürzungen durch die ADD sind aufgrund der Deckelung zu befürchten. Tariferhöhungen dürfen dabei nicht kompensiert werden, auch eine Umschichtung von den Pflichtausgaben zu den freiwilligen Ausgaben wird nicht akzeptiert. Faktisch werden die Kulturetats durch die jährlichen Tarif- und Kostenerhöhungen immer weiter abgeschmolzen. Konkret ist dann zum Beispiel für das Programm im Theater oder die Ausstellungen im Museum immer weniger Geld vorhanden. Der städtische Zuschuss für das Theater im Pfalzbau ist seit Jahren bei 4 Millionen Euro eingefroren, durch die Tariferhöhungen und Kostensteigerungen ist er aber faktisch kleiner geworden, der Intendant spricht von einer Kürzung von 600.000 Euro, die ihm inzwischen fürs Gastspielprogramm weniger zur Verfügung stehen. Wie lange ist da hochwertiges Festspielprogramm noch machbar? Bei Gesprächen mit dem Land versuchen wir ja zu erreichen, dass die Kulturausgaben wie Pflichtausgaben behandelt werden. Die kulturelle Grundversorgung sollte unangetastet bleiben wie die Versorgung etwa im Kita-Bereich. Bei Kürzungsdiskussionen wäre das eine viel bessere Ausgangssituation, wenn zwischen Pflicht- und freiwilligen Ausgaben nicht unterschieden würde. Hat die Stadt tatsächlich keine Möglichkeit mehr zu entscheiden, wie viel Geld sie für Kultur ausgeben will? Wir wollen den Status quo für alle Kultureinrichtungen erhalten, das gilt vom Theater bis zur Musikschule. Beim Theater im Pfalzbau haben wir mit einem Gastspielhaus ohne Ensemble ohnehin die preisgünstigste Form des Theaters. Ich möchte zumindest eine dynamisierte Deckelung der Etats erreichen, also eine Anhebung um die Tarifsteigerungen. Angesichts der Gesamtverschuldung der Stadt wäre dies eine äußerst geringe Erhöhung der Schulden. Das Land unterstützt die Kultur in Ludwigshafen nur sehr bescheiden, würden Sie da mehr erwarten? Im Vergleich zu Städten wie Mainz oder Kaiserslautern mit festen Theaterensembles sind die Landeszuschüsse für Ludwigshafen gering. Selbst die Nibelungenfestspiele in Worms mit ihren wenigen Vorstellungen erhalten einen Millionenbetrag. Ludwigshafen erhält gerade einmal 225.000 Euro für die Festspiele und geringe Zuschüsse für das Filmfestival und Enjoy Jazz. Wir werden also nicht adäquat bezuschusst. Da Rheinland-Pfalz bei den Kulturausgaben auf dem vorletzten Platz der Bundesländer liegt, sollte da Luft nach oben sein. Auch das Wilhelm-Hack-Museum ist offenbar nicht mehr in der Lage, ohne Sponsorenhilfe eine größere eigene Ausstellung zu zeigen, ansonsten stellt man zunehmend die eigene Sammlung in immer neuen Varianten aus. Alle drei Jahre eine große Ausstellung zu veranstalten, geht ja schon lange nur mit Sponsorenhilfe. Das ist auch bei den Festspielen so und bei den Festivals. So ist die Situation in Ludwigshafen, brechen die Sponsoren weg, könnte das bestehende Angebot nicht aufrechterhalten werden. Sie erwähnen die Festivals, die ja alle großen Zuspruch finden. Filmfestival, Fotobiennale und Enjoy Jazz finden auch in Ludwigshafen statt. Allerdings kommt das Geld hier überwiegend von Sponsoren, vor allem der BASF. Ohne die Unterstützung der privaten Geldgeber, wäre es mit dem tollen Kulturangebot wohl schnell vorbei. Hier darf man natürlich nicht nur die sicherlich kleinen städtischen Zuschüsse zu diesen Festivals sehen, sondern auch die Unterstützung mit Personal und Logistik. Es ist aber schon richtig, dass dieses Festivalangebot in der Metropolregion ohne Sponsorenhilfe nicht gestemmt werden könnte. Davon abgesehen halte ich solche Kooperationen über Stadt- und Landesgrenzen für den richtigen Weg. Das hat unserer Region internationale Beachtung verschafft. Beim Kulturzentrum Das Haus haben Sie nicht nur einen neuen Leiter installiert, sondern die Einrichtung mit Kulturbüro und Kultursommer zusammengelegt. Das schafft einen größeren Etat und mehr gestalterische Möglichkeiten. Sind strukturelle Veränderungen ein Weg aus der Etatkrise? Ich bin sehr offen für solche Veränderungen. Beim Haus mussten wir uns neu aufstellen, personell wie monetär, und erproben nun ein neues Modell. Dafür braucht man natürlich auch die richtigen Leute, um solche Möglichkeiten zu nutzen. Hier soll die Struktur verschlankt und der Output erhöht werden. Wenn Sie Kultureinrichtungen wie das Haus oder auch das Theater im Pfalzbau in Eigenbetriebe oder GmbHs umwandeln würden, wie das in Mannheim gemacht wurde, würde das noch mehr Flexibilität bringen. Warum geschieht das in Ludwigshafen nicht? Solche Veränderungen sind meines Erachtens derzeit weder bei den Fraktionen im Stadtrat noch bei der Personalvertretung durchsetzbar. |

91-93784589.jpg
x