Ludwigshafen Futuristischer Budenzauber

Ein Feinmaler, der so tut, als habe er mit Bürsten und Besen gemalt: Die quietschbunten Bilder von Sean Dawson narren das Auge. Dass sie das mit großem Ernst und kompliziertem Konzept tun, macht die Ausstellung im Mannheimer Kunstverein zu mehr als einer nur interessanten Begegnung.

Eigentlich gehört Dawson in die einen kleinen Fußweg entfernte Galerie von Peter Zimmermann. Dort hat er vor zwei Jahren zum ersten Mal ausgestellt, kleinere Formate. Im April wird eine zweite Einzelausstellung in der Leibnizstraße zu sehen sein. Warum also nun diese Ausstellung im Kunstverein? Eine Antwort wäre, dass einige von Dawsons Bildern für die Galeriewände einfach zu groß wären. Sie brauchen nicht nur Platz, sondern auch etwas Abstand, um recht gelesen werden zu können. In diesem Punkt bietet Dawson (1964 geboren, lebt in London) einiges, was nicht unbedingt unter einen Hut zu bringen ist, aber trotzdem zusammenpasst, wie die Details eines gut gemalten Bildes eben zusammenpassen. Da sind in rhythmischer Ordnung großzügig über die Leinwand verteilte Linien, Balken und Gesten, wolkige Airbrush-Anmutungen und illusionistisch angelegtes Geschwurbel. Es gibt auch raffiniert tiefenräumlich organisierte Zonen und Übermalungen, die auf versunkene Vergangenheiten hindeuten, angedeutete Stofflichkeiten und feinstes Gekrakel, alles mit kleinen Pinseln feinmalerisch appliziert und koloristisch verwoben. Es dauert Monate, bis so ein Bild fertig ist. Dawson praktiziert eine Bildmagie, die aus komplexen Zuständen kunstvoll gestrickt ist. Irgendwie ständig atemlos auf der Überholspur und trotzdem mit dem Fuß voll auf der Bremse. Am Anfang stehen aus fotografierten und projizierten Formteilen zusammengesetzte, kopierte und nochmals kopierte Collagen, die dann richtig abgemalt werden. Die Vorlagen stammen aus Architekturzeitschriften und Fashion-Magazinen („wegen der bunten Farben“), Fotografien und ein bisschen Kunstgeschichte sind dabei und jede Menge Realität in Schnipseln. Ein Fall von überflüssiger Handarbeit? Zu sehen gibt es also viel, der Radius der sich einstellenden Assoziationen reicht von explodierenden Galaxien über planetarische Katastrophen bis zum futuristischen Budenzauber. Die Kunstgeschichte spielt mit, es gibt Hommage-Bilder an Hans Hartung und offene Hinweise auf den bewunderten Willem de Kooning. Dass Dawson auch Max Ernst bewundert, hat er nie verschwiegen. Der Künstler weiß, was er malt. Wer davor steht, weiß rein gar nichts. Nur dies: Sean Dawson ist ein Perfektionist in Sachen Illusion. Furchtlos unterwegs zwischen Anspruch und Banalität, befeuert von experimenteller Musik und der festen Überzeugung, dass die Vergangenheit in der Kunst noch lange nicht tot ist. Der Maler weiß, wie man heutzutage malend über die Malerei reflektiert. Ein Erfolgsrezept, so richtig passend in eine Zeit, die den großen Auftritt liebt, vor allem dann, wenn er intelligent inszeniert ist. Und das ist nicht wenig.

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