Ludwigshafen „Falls Lucke zurücktritt, zerbricht die AfD“

Über den aktuellen Streit in der Parteispitze der „Alternative für Deutschland“ (AfD) haben wir mit dem Kreisvorsitzenden Jörg Matzat (42) gesprochen. Im Stadtrat hat die AfD seit den Kommunalwahlen im Mai fünf Sitze. Ihr Kreisverband zählt 58 Mitglieder.

Herr Matzat, ist die Situation bei der AfD speziell für Sie als Hobby-Jogger nicht zum Davonlaufen?

Ich bin nicht der Mensch, der vor Konfrontationen davonläuft. Aber es ist schon so, dass uns die Situation an der Parteispitze sehr belastet. Gleich mal die Gretchenfrage: Wie halten Sie’s mit der islamkritischen Bewegung Pegida? Ich halte die Entwicklung in Teilen der AfD, sich als Sprachrohr der Pegida zu sehen, schlichtweg für falsch und gefährlich. Warum? Weil nicht absehbar ist, wer sich im Pegida-Schatten tummelt. Wenn man sich als parlamentarisches Sprachrohr dieser Bewegung versteht, wird letztlich alles, was im Namen der Pegida geschieht, der AfD angelastet werden. Ich persönlich distanziere mich von dieser Bewegung. Schadet die aktuelle Debatte der AfD? Ich denke schon. Offenbart das Thema Pegida nicht auch, dass AfD West und AfD Ost immer noch zwei Paar Schuhe sind? Es ist bestimmt kein Zufall, dass die Nähe der Ost-AfD zur Pegida-Bewegung in Dresden besonders stark ist. Die West-AfD tickt anders. Am Montagabend haben der AfD-Kreisvorstand und die Stadtrats-Fraktion getagt: Wie reagiert die Basis auf den Zwist an der Parteispitze? Die Basis findet das äußerst betrüblich, zumal man in Rheinland-Pfalz den Landtagswahlkampf vorbereiten und die Programmdiskussion vorantreiben will. Der Streit kommt zu einem ganz schlechten Zeitpunkt. Wir sollten geschlossen hinter einer Spitze stehen. Und die sollte weiter Bernd Lucke heißen, auch wenn ihm Mitstreiter Alleingänge und selbstherrliches Verhalten vorwerfen? Ich würde eine Einzelspitze für gut und eine Einzelspitze Lucke für sehr gut halten. Lucke-Kritiker wie Parteivize Alexander Gauland oder Parteisprecherin Frauke Petry sind ja jeweils auch alleinige Vorsitzende in ihren Bundesländern Brandenburg und Sachsen. Da mutet es doch seltsam an, dass sich beide gegen eine alleinige Bundesspitze sperren. Parteivize Gauland hat sich ja schon öffentlichkeitswirksam in Dresden unter die Pegida-Demonstranten gemischt. Ja, das hat er, und ich sehe diese voreilige Nähe zu einer solchen Bewegung sehr kritisch. Für mich ist bei der Pegida eine klare Abgrenzung nach rechts nicht erkennbar. Diese Abgrenzung muss die Partei von der Bundesspitze her treffen. Wo liegt diese Grenze? Wenn unter dem Pegida-Deckmantel rechtsextreme Parolen zu hören sind, wenn bei Aufmärschen ehemalige oder aktive NPD-Leute mitlaufen, dann muss man sich klar von diesen distanzieren. Nach dem Motto: Wir haben mit einer Diffamierung gegen alles Fremde und insbesondere mit einer Diffamierung von Religionen nichts zu tun. Es darf keine Pogromstimmung gegen alles Fremde geschürt werden. In der Ludwigshafener AfD hätte jemand mit rechtsextremer Gesinnung unter Ihrer Regie also keinen Platz? Ich verknüpfe mein Amt eindeutig mit der Entwicklung in der Bundespartei. Driftet die nach rechts ab, dann werde ich dieses Amt nicht mehr bekleiden. Und danach schließen Sie sich der CDU oder der SPD an? (lacht). Unsere Fraktion ist kommunalpolitisch angekommen. Wir sind für unser Programm gewählt worden. Dieses wollen wir während der Ratsperiode auch umsetzen. Ludwigshafens CDU-Chef Ernst Merkel hat am Montag im RHEINPFALZ-Interview bezweifelt, dass die AfD kommunalpolitisch punkten kann. Bisher sei die Partei blass geblieben. Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben uns sehr gut eingearbeitet und sind alles andere als blass. Wir haben klare Standpunkte etwa zu den Themen Finanzen, Verkehr sowie zur Sozialstruktur der Stadt. Merkel sitzt nicht im Stadtrat, er ist CDU-Kreisvorsitzender. Vielleicht fehlt ihm da etwas der Überblick. Für 18. Januar hat Bernd Lucke – wieder mal eigenmächtig – alle Landes- und Kreisvorsitzenden zu einer Konferenz eingeladen hat? Sollten Sie dort das Wort ergreifen, was würden Sie sagen? Die AfD sollte sich auf ihre Kernthemen reduzieren und sich stark nach rechts abgrenzen. Falls Bernd Lucke als AfD-Bundesvorsitzender zurücktritt, dann … … zerbricht die AfD. (Foto: Archiv)

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