Ludwigshafen Erwachsen geworden

Ludwigshafen. Wenn man sich mit den beiden Friesenheimer Handballtalenten Philipp Bauer und Dominik Claus unterhält, schaut man in zufriedene Gesichter, hört viele zufriedene Aussagen. Beide haben sich im vergangenen halben Jahr sichtbar weiterentwickelt – wenn auch auf recht unterschiedlichen Wegen.

Als Thomas König, der Trainer der Ersten Mannschaft der TSG Friesenheim, Anfang des Jahres im Interview mit dieser Zeitung Philipp Bauer als einen „sehr starken Spieler“ bezeichnete, da hat Bauer das natürlich gelesen. Der 17-Jährige hat es zur Kenntnis genommen und sich natürlich darüber gefreut. Aber wirklich nur kurz. Dann hat er aus dem Lob geschlossen, dass der Verein natürlich auch etwas von ihm erwartet. Ziemlich viel sogar. Also versucht Philipp Bauer seitdem, sein Spiel noch mehr zu verbessern. Seit vergangenem Sommer verfolgen wir in einer Langzeitreportage die Entwicklung der beiden Friesenheimer Handball-Talente Philipp Bauer und Dominik Claus auf ihrem angestrebten Weg in den Profi-Handball (siehe auch Zur Sache). Seinen bisher besten Moment der Saison, wenn nicht gar der Karriere, erlebte Dominik Claus am 19. Oktober des Vorjahres. Das Zweitligaspiel der TSG gegen die SG Leutershausen war eigentlich schon so gut wie vorbei, entschieden beim Stand von 28:19. Dann gab es ein paar Sekunden vor dem Abpfiff noch einen Siebenmeter für die TSG. „Alle haben dann gesagt, ich soll werfen“, erinnert sich Claus. Also nahm er sich den Ball, warf und traf – es war sein erstes von mittlerweile sechs Toren in der Zweiten Liga. „Es war ein toller Moment“, erinnert sich der 18-Jährige. Ein paar Monate zuvor hatte er die Zweitliga-Spiele der TSG noch als Zuschauer auf den Rängen verfolgt. Auch Philipp Bauer erlebte im letzten halben Jahr einige tolle Momente, er hat eine gute Entwicklung genommen. Er durfte in der Saisonvorbereitung das ein oder andere Mal mit der Zweitligamannschaft üben, wenn auch eher als Lückenfüller. Er entwickelte sich, obwohl einer der Jüngsten, zum Leistungsträger in der A-Jugend, gehört dort zu den besten Spielern. Und er nimmt auch in der Zweiten Mannschaft, die in der Pfalzliga gerade den Aufstieg in die Oberliga schaffte, eine wichtige Rolle ein, steht als Spielmacher oftmals in den entscheidenden Phasen der Partie auf dem Parkett. „Bei mir läuft es momentan wirklich gut“, sagt der Rheingönheimer. Seit ein paar Monaten trainiert er sogar teilweise mit dem Zweitliga-Team. Die zurückliegende Halbsaison, die er zum Großteil mit der ersten Mannschaft verlebte, hat Dominik Claus viel gebracht. Wichtige Erfahrungen, unvergessliche Momente, lehrreiche Situationen – er weiß nun, wo er noch an sich arbeiten muss. Aber diese zurückliegende Halbsaison hat ihn auch in gewisser Weise zurückgeworfen. Er hat nämlich in der ersten Mannschaft auf Rechtsaußen gespielt. Und nicht auf seiner eigentlichen Lieblingsposition im rechten Rückraum. Nicht unbedingt von Vorteil für einen jungen Spieler, denn im Rückraum hat er sich nicht weiterentwickelt. Da hat er eher einen Rückschritt gemacht. „Seine Spiele im vergangenen Sommer im Rückraum waren besser als es seine jetzigen sind“, sagt Vater Rainer. Zu sehen ist das am besten in der Nationalmannschaft. Er ist dort Führungsspieler, Trainer Christian Schwarzer hat ihn gar zum Kapitän ernannt. Aber für die Nachwuchshoffnung aus Waldsee war es zuletzt bei der EM-Qualifikation nicht immer einfach, sich positionsmäßig wieder umzustellen. Doch er hat diese Herausforderung gemeistert. Als Lohn winkt nun die Teilnahme an der EM im Sommer und Polen. Sein zweites großes internationales Turnier nach den Europäischen Jugendspielen im vergangenen Sommer. Schule, Zweite Bundesliga, Nationalmannschaft, Freundin. Man fragt sich, wie Claus das alles hinbekommt. „Es ist nur stressig, wenn wir viele Arbeiten schreiben. Dann muss ich auch mal nach dem Training lernen“, erzählt der Schüler des Friedrich-Magnus-Schwerd-Gymnasiums in Speyer. Kartenspielen oder „Abhängen“ in Freistunden kennt er nicht. Freistunden sind für ihn meist Lernstunden. „Auch wenn man sich da mal einen blöden Spruch von Mitschülern anhören muss“, erzählt Claus. Auch Philipp Bauer kennt das mit dem eng getakteten Tagen und dem Lernen auf Fahrten zu Auswärtsspielen. Aber er weiß eben auch, dass sein täglicher Einsatz irgendwann mit dem Traum vom Profihandball belohnt werden könnte. Und in den vergangenen Monaten ist er diesem Traum durchaus näher gekommen. Die rund 20 Kilo, die er während der Vorsaison in einem Jahr draufpackte, wirkten wie ein Katalysator, sind der Grund für seinen Leistungssprung in dieser Saison. Er weiß, das hört man aus seinen Aussagen heraus, dass er nun nicht mehr ein recht talentierter B-Junior ist, sondern Leistungsträger in gleich zwei Mannschaften – A-Junioren und zweiter Mannschaft. Er soll Verantwortung übernehmen, und er übernimmt Verantwortung. Was sich wiederum positiv auf sein Selbstbewusstsein niederschlägt – auf und neben dem Parkett. Vielleicht mag es auch an seiner mittlerweile recht imposanten Körperstatur liegen. Philipp Bauer, der im Sommer 18 Jahre alt wird, wirkt mehr wie ein junger Erwachsener, denn wie ein erwachsener Jugendlicher. Dominik Claus erlebt in der Rückrunde bislang ein Wechselspiel zwischen seinen momentanen Handballwelten, spielt bislang aber vermehrt für die A-Jugend. Das war und ist auch so angedacht – zumindest falls in der Saisonendphase bei der ersten Mannschaft nicht wieder ein personeller Engpass auftritt. Er sagt, das freue ihn. Er freue sich, mal wieder im Rückraum zu spielen. Er freue sich, auf Gegner zu treffen, die „einen mal nicht durch die Luft werfen“. Und er freue sich, mal wieder unter Gleichaltrigen zu sein, auch mal wieder rumzublödeln. Der Spaß sollte bei allem Ernst nicht zu kurz kommen.

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