Ludwigshafen Eine Geschichte vom Heimkommen

Treffen sich nach vielen Jahren wieder: Stefan (Lucas Gregorowicz) und Jugendliebe Charlie (Anna Bederke) in „Sommerfest“.
Treffen sich nach vielen Jahren wieder: Stefan (Lucas Gregorowicz) und Jugendliebe Charlie (Anna Bederke) in »Sommerfest«.

Zuletzt war von Sönke Wortmann im Fernsehen die Krankenhaus-Serie „Charité“ zu sehen, nun kommt wieder ein Film von ihm in die Kinos. Der Regisseur präsentierte „Sommerfest“, seine Verfilmung des gleichnamigen Romans von Frank Goosen, im Mannheimer Cineplex.

Nach einem kurzen Blick in den weiß-blauen Münchner Himmel und einem Schwenk über den Englischen Garten auf die Frauenkirche beginnt „Sommerfest“ gleichsam mannheimerisch. Im Residenztheater werden „Die Räuber“ gespielt, Friedrich Schillers im alten Mannheimer Nationaltheater uraufgeführtes Drama. Auf der Bühne spielt der Schauspieler Stefan Zöllner den Banditen Schwarz, der Karl Moor eine Nachricht überbringt, bevor Zöllner selbst, abseits der Bühne, eine Nachricht erreicht. Sein Vater ist gestorben. „Wenigstens is’ et schnell gegangen, beim Mittagessen umgekippt und gut is’“, wie eine Nachbarin ihm berichtet. Stefan (Lucas Gregorowicz) macht sich sofort auf den Weg nach Bochum, in sein Elternhaus, wo er im Grunde alles noch so vorfindet, wie damals vor 15 Jahren, als er von hier weggegangen ist. Bochum und seine alten Freunde vereinnahmen ihn sogleich wieder, als wäre er nie fort gewesen. „Die Geschichte würde auch woanders sehr gut funktionieren“, meint Sönke Wortmann. Anstelle von Bochum könnte sie genausogut in Mannheim spielen. „Es sind ja universelle Themen, die sie behandelt: Tod, Liebe und das Älterwerden. Das gibt es auch in Mannheim.“ Mannheim und die Pfalz kenne er kaum, räumt der 57-Jährige ein. Bei der Vorbereitung seines Films „Das Wunder von Bern“ habe er Fußballweltmeister Horst Eckel in der Nähe von Kaiserslautern besucht, später sei er bei der Gedenkfeier für Fritz Walter auf dem Betzenberg gewesen. Außerdem hat er seinen allerersten Kinofilm „Allein unter Frauen“ zuerst in Mannheim gezeigt. Diese Sneak Preview 1991 im Capitol hat ihm bleibenden Eindruck gemacht, weil der Film damals so gut angekommen ist. „Sommerfest“ sei ein Heimatfilm, in dem es um die Heimat als solche gehe, um die Heimat als Sinnbild, sagt Wortmann „Es ist kein Film über das Ruhrgebiet, sondern ein Film, der im Ruhrgebiet spielt.“ Freilich komme ihm dieser Schauplatz, den auch Frank Goosen für seinen Roman gewählt hatte, gelegen. „Das hilft mir natürlich, da kenne ich mich besser aus, da kann ich wahrscheinlich ein bisschen präziser arbeiten“, so Wortmann, der als Sohn eines Bergmanns in Marl geboren wurde und später nach München ging, um an der Filmhochschule zu studieren. Sein Weg gleicht jenem Stefans. Es ist auch der Weg, den die Schauspielschüler Ingo, Johannes und Ali in „Kleine Haie“ von 1992, einem der schönsten Filme Wortmanns, wählen: vom Ruhrgebiet nach München, vom Bergbau auf die Bühne. „Sommerfest“ kann beinahe als Fortsetzung von „Kleine Haie“ gesehen werden. „Es gibt da eine Klammer, so würde ich das mal sagen“, formuliert der Regisseur, der auch das Drehbuch geschrieben hat. „Das hat mich auch gleich an Frank Goosens Roman interessiert, dass sich da was trifft, auch mit meinem persönlichen Leben.“ Wortmann, der in München Regie studierte, versuchte sich dort zunächst auch als Schauspieler. Noch bevor er seinen Abschlussfilm an der Hochschule drehen konnte, bekam er eine Rolle in der BR-Vorabendserie „Die glückliche Familie“, die von 1987 bis 1991 lief. „Ich war jung und brauchte das Geld“, sagt er heute entschuldigend, „bin durch Zufall da reingeraten.“ Er sei eigentlich nie ein Schauspieler gewesen, dafür sei er doch einfach zu schlecht. Als er studierte, sei er ebenfalls nur selten in die Heimatregion gekommen, meistens an Weihnachten, hat damals ähnliche Erfahrungen gemacht wie Stefan im Film. „Da habe ich dann auch alle wieder getroffen und kenne das Gefühl, als Exot heimzukommen, der man ja mit dem Beruf ein bisschen ist.“ Ein Schauspieler, der in das Viertel seiner Kindheit zurückkehre, werde neugierig beäugt und dann gefragt, ob man ihn kennen müsse. So geht es Stefan in „Sommerfest“, der in Bochum wieder auf seine erste Liebe Charlie (Anna Bederke) trifft. Wortmann kehrte aus ähnlichen Gründen seiner Wahlheimat München wieder den Rücken. „Wegen meiner Frau“, erläutert er. Die Schauspielerin Cecilia Kunz habe immer in Düsseldorf gewohnt und nie wegziehen wollen, deswegen sei er zu ihr gezogen. „Und Düsseldorf ist schon sehr nah am Ruhrgebiet. Da bin ich fast wieder zu Hause.“

„Der Film könnte auch in Mannheim spielen“: Sönke Wortmann.
»Der Film könnte auch in Mannheim spielen«: Sönke Wortmann.
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