Ludwigshafen Ein schlafender Riese erwacht

Ludwigshafen. Der HC Erlangen gehört zu den Überraschungsmannschaften in der Handball-Bundesliga. Der Aufsteiger hat schon 13 Punkte geholt und sorgte am Dienstag mit dem Sieg gegen die Rhein-Neckar-Löwen für eine Sensation. Morgen nun kommt es zum Aufsteigerduell bei der TSG Ludwigshafen-Friesenheim (19 Uhr, Friedrich-Ebert-Halle). Meister gegen Vizemeister – mit offenem Ausgang, sagt HCE-Trainer Frank Bergemann.

Nun ging es doch schneller als vorgesehen. Vergangenes Jahr noch hieß es im Umfeld des HC Erlangen, der Aufstieg in die Handball-Bundesliga solle mittelfristig erfolgen. Es klappte dann umgehend. Erlangen stieg hinter Friesenheim als Vizemeister auf. Damit hatte der ambitionierte Klub etwas geschafft, was sich angedeutet hatte. Denn schon vor zwei Jahren schrammte Erlangen knapp am Aufstieg in die Bundesliga vorbei. Lange Zeit war der HCE Dritter gewesen, verlor aber letztlich das Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Neuhausen. Nun spielt Erlangen in der Bundesliga. Daran war vor vier Jahren überhaupt nicht zu denken. Denn 2010 war die frühere Spielbetriebs GmbH des HC Erlangen pleite gegangen. Die Altlasten seien wohl zu groß gewesen. Ein neuer Aufsichtsrat gründete eine neue Gesellschaftsform und rettete damit auch den Zweitliga-Handball in Erlangen. Die Rahmenbedingungen wurden seitdem kontinuierliche professionalisiert. Der Etat hat sich vervielfacht, von damals 400.000 Euro auf nunmehr angeblich drei Millionen, sagen Branchenkenner. In Stefan Adam wurde vor dieser Saison ein neuer Geschäftsführer engagiert. Er hatte zuvor beim Bergischen HC und THW Kiel gearbeitet – ein Profi in seinem Metier. „Eine vertrauensvolle und zielorientierte Zusammenarbeit“, lobt Trainer Frank Bergemann den neuen Mann. Der 41 Jahre alte Adam verfügt über ein großes Netzwerk und soll maßgeblich an der Verpflichtung von Martin Stranovský beteiligt gewesen sein. Der slowakische Nationalspieler spielte zwei Jahre beim CF Barcelona und ist eine von fünf Neuverpflichtungen. Der aktuellste Zugang war vor Kurzem Kreisläufer Jonas Thümmler (21) von den Füchsen Berlin. So viele neue Spieler sind eigentlich nicht üblich für den HC Erlangen. Denn der Verein setzt auf Kontinuität. Die Mannschaft wurde in der Vergangenheit nie groß ausgetauscht, sondern immer gezielt verstärkt. Der Vorteil nun: Das Team ist eingespielt. Das zeigt der sportliche Erfolg. „Wir hatten ein glückliches Händchen“, sagt Bergemann (58) kurz und knapp. Er ist seit 2007 Trainer beim HCE und hat die rasante Entwicklung hautnah miterlebt. Bergemann hat auch die jahrelange Diskussion um eine neue Halle mitbekommen. Weil die Hiersemann-Halle nicht den Bundesliga-Anforderungen entspricht, muss der HCE seine Heimspiele nun in der Nürnberger Arena austragen. Der Umzug scheint geglückt. Gegen die Mannheimer Rhein-Neckar-Löwen am Dienstag kamen über 5500 Zuschauer. Ein Bus-Shuttle, den der HCE eingerichtet hat, kutschiert die Erlanger Fans sogar in die Nürnberger Halle. Die Pendelei könnte bald ein Ende haben. Denn der Erlanger Stadtrat soll im Januar endlich den Weg für eine neue Halle in Erlangen freimachen. Darüber wird in der 100.000-Einwohner-Stadt seit Jahren debattiert. Es wäre der nächste Schritt bei der Professionalisierung des schlafenden Riesen. Der erwacht so langsam.

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