Ludwigshafen Durch die Mangroven von Maudach

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Maudach. Für Naturinteressierte hat es dieses Wochenende im Maudacher Bruch einiges zu sehen gegeben. Sie strömten herbei, um sich von zwei zertifizierten Landschaftführern genau erklären zu lassen, was den „magischen Bruchwald“ so besonders macht.

Andrea Wetzel und Helmut Eirich gaben auf dem zweieinhalbstündigen Rundgang Einblicke in verschiedenen Themen – darunter Informationen zur Wasserwirtschaft, der Seefahrerkrankheit und den Bruchbewohnern. Es wurden Texte von Wilhelm Busch und Johann Wolfgang von Goethe verlesen, und alle Teilnehmer machten sich auf die Suche nach der wichtigsten Zutat des Zaubertranks von Asterix, dem Gallier. 17 Neugierige wagten sich auf den 20 Kilometer langen Rundgang zwischen den Bäumen des Maudacher Bruchs, von dem allerdings nur etwa drei Kilometer begangen wurden. Vor mehr als 3000 Jahren mäanderte der Rhein noch durchs Bruch, doch der Altrheinarm verlandete nach und nach und es bildete sich die typische Feuchtgebietslandschaft mit stehendem Wasser. Der Prallhang der Rheinschlinge – also die Seite, an der das Wasser schneller fließt und daher ein steileres Ufer formt, ist in dem Gefälle vom Parkplatz am Schützenverein runter ins Bruch noch zu erkennen. Aber nicht nur der Fluss erzählt hier eine Geschichte: Viele Tiere, Pilze und Pflanzen haben in dem Landschaftsschutzgebiet ein Zuhause gefunden und spielen in Märchen und Mythen eine Rolle. Im Bruchwald gibt es mystische Heilpflanzen und Leckeres für Vegetarier. Viele pflanzliche Köstlichkeiten gedeihen im Freien – man sollte nur darauf achten, dass sie nicht unter Naturschutz stehen. „Wasserlinsen, die man vielleicht eher als Entengrütze kennt, sind sehr nahrhaft und haben mehr Vitamin A als Möhren“, berichtete Andrea Wetzel. Entlang des Weges fand sie den Vitamin-C-Spender Scharbockskraut, den Seefahrer als Heilmittel gegen Skorbut an Bord hatten. Auch Bärlauch und Holunder wachsen zwischen den Pappeln, Erlen, Weiden und Kiefern. Viele Frühjahrsblüher sind nach der Blüte giftig, doch alles, was giftig ist, zog Menschen schon immer an. Um das anhand eines Beispiels zu belegen, ging Helmut Eirich ein Stück ins Unterholz und zog eine Mistel hervor. „Die Druiden dachten, die Götter haben die immergrünen Kugeln in die Bäume geworfen, weil sie nicht wollten, dass sie auf den Boden fallen. Daher durften sie nur mit goldenen Sicheln geschnitten werden und mussten mit weißen Tüchern vor dem Herabfallen geschützt werden, um nicht die Götter zu erzürnen“, erklärte Eirich, der sich gern mit Sagen und Mythen beschäftigt. Die Mistel ist ein Halbschmarotzer und wächst auf allen Bäumen – allerdings sehr selten auf Eichen. Daher galten Eichenmisteln als besonders magisch und mystisch. Auch die Griechen schrieben der Mistel besondere Fähigkeiten zu. Neben einer Wirkung gegen Herzschwäche, Bluthochdruck oder Liebeskummer wurde dem Mistelzweig in der Mythologie auch noch die Rolle eines Schlüssels zur Unterwelt zugeschrieben. Der ursprünglichste Teil des Maudacher Bruchs, der Erlenwald, wirkt sogar an freundlichen Frühlingstagen ziemlich düster: Das Wasser steht rechts und links des Weges, die spiegelnden Fläche und herausragenden Stelzwurzeln der Erlen erinnern ein bisschen an einen Mangroven-Sumpf. Kein Wunder, dass in diesen Wäldern früher Menschenopfer dargebracht wurden. Wer hier jetzt aber den Erlkönig vermutet, sitzt einem Übersetzungsfehler auf. Denn Goethe hat sich vom Ellerkönig, einem Elfenkönig, inspirieren lassen. Nach diesem unheimlichen Fleck Bruchwald, war der süße Holunderblüten-Sirup, den Andrea Wetzel zum Abschluss der Führung ausschenkt, eine willkommene Abwechslung für Leib und Seele.

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