Quintessenz Die Lokalredaktion zieht nächste Woche um

Umzug im laufenden Betrieb: Redaktionsassistentin Angelika Utech hat alles im Griff.
Umzug im laufenden Betrieb: Redaktionsassistentin Angelika Utech hat alles im Griff.

Es gibt viele Ratgeber zum Ausmisten. Einer heißt: „Die Kunst des Wegwerfens: Wie man sich von unnötigem Ballast befreit und dadurch mehr Freude am Leben hat.“ Über zwei Millionen Exemplare des 160 Seiten dicken Buchs wurden nach Angaben des Verlags weltweit verkauft. Wir haben es auch ohne den Ratgeber geschafft, in den vergangenen Wochen die 44 Schrankfächer unserer Lokalredaktion zu entrümpeln. Hintergrund: Wir ziehen um.

Rund 25 Jahre hatte die Lokalredaktion ihr Domizil im Erdgeschoss von Bau D des Pressehauses in der Amtsstraße in der Ludwigshafener Stadtmitte. Nun geht’s ein Stockwerk höher. Warum? Das wissen wir selbst nicht so genau. Es geht wohl um Synergieeffekte und kürzere Wege im Haus. Sei’s drum. Für die Lokalredaktion bedeutet der Umzug eine Gewaltaktion.

Zehn Büros entrümpelt

Zehn Büros mussten entrümpelt werden. Im laufenden Betrieb wurden Türblätter getauscht, eine neue Wand eingezogen und in diversen Besprechungen mit dem Gebäudemanagement Belegungspläne erarbeitet, die sich mehrfach änderten. Wir haben mehrere Container mit Altpapier und Müll gefüllt, denn es ist unfassbar, was sich in fast 25 Jahren angesammelt hat.

Kostprobe gefällig? Dutzende vollgeschriebene Blöcke mit Recherchen zu den Korruptionsskandalen im Klinikum und den Hafenbetrieben oder zu Mordprozessen. Die Täter sind schon lange verurteilt. Die Unterlagen haben wir aufgehoben, man weiß ja nie. Jetzt sind sie im Container gelandet. Ebenso Bücher wie ein Kirchenführer für die Pfalz, ein Werk über Steindruckmalerei oder Kunst im Bordell. Es gibt aber auch Bewahrenswertes: Allein unser sogenanntes Kopfarchiv umfasst rund 60 Aktenordner. Darin finden sich Artikel und Fotos zu Persönlichkeiten aus Ludwigshafen, die im öffentlichen Leben eine Rolle gespielt haben. Wegschmeißen geht nicht, denn unser elektronisches Archiv mit Suchfunktion reicht nur bis Juni 1999 zurück.

Kuriose Funde

Es sind auch kuriose Dinge aufgetaucht, etwa zwei original verpackte Bierkrüge aus Ton mit Zinndeckel. Mehrere Flaschen Sekt fanden wir – nach 24 Jahren ungenießbar, wie eine Testöffnung ergab. Zwei halbe Kästen Bier mit Ablaufdatum 2008 wurden in der hintersten Ecke eines Schranks entdeckt. In einer Schublade lag die Akkreditierung zum Festakt zum 80. Geburtstag von Helmut Kohl im Pfalzbau. Und dann gab’s noch die Skulptur eines schwarzen Panthers, die aus der Auflösungsmasse des Hotels Viktoria stammt, das abgerissen worden ist.

Michael Schmid
Michael Schmid

Wir haben immer wieder Zeit abgezwackt, um Schubladen und Regale zu leeren. Jetzt ist es geschafft! Ein Riesenkompliment ans gesamte Team, das diese Mega-Aufgabe neben der tagesaktuellen Produktion bewältigt hat. Alle Schränke sind geleert, die Umzugskartons gepackt.

Ab ins Homeoffice

Am Montag und Dienstag ist es soweit, dann werden Schreibtische transportiert, Computer und Telefone neu installiert. Die Lokalredaktion arbeitet an beiden Tagen vom Homeoffice aus – dazu sind wir wegen Corona in der Lage. Am Mittwoch sollen wir wieder im Verlagsgebäude arbeitsfähig sein. Von unnötigem Ballast fühlen wir uns befreit, aber Spaß hat das Ganze nicht gemacht. Wie hat meine Frau, die beste Ehefrau von allen, nach unserem Umzug ins Eigenheim gesagt: „Nie wieder!“ In der Redaktion hoffen wir auch, dass dieser Kraftakt nicht noch einmal nötig sein wird.

Die Kolumne

Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

x