Ludwigshafen Die 80-Quadratmeter-Frage

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Steffen Gierescher

Dürfen Vorstandsbüros so groß sein wie eine Familien-Wohnung?

80 Quadratmeter – so groß sind Wohnungen, in denen ganze Familien zurechtkommen. 80 Quadratmeter – so üppig bemessen ist nicht mal die Kabine der Eulen-Handballer, die immerhin Bundesliga spielen. Das gesamte Team muss sich auf der Hälfte der Fläche umziehen. Mit 80 Quadratmetern kommt ein Thai-Imbiss in der City locker aus – und bringt noch jede Menge Gäste unter. 80 Quadratmeter sind also ganz schön viel Platz – zumal dann, wenn man ihn für sich alleine hat. Glücklich schätzen können sich daher – auf den ersten Blick – die beiden Chefs der Technischen Werke Ludwigshafen (TWL), Dieter Feid und Thomas Mösl. Denn im neuen TWL-Kundenzentrum in der Innenstadt, das bald 260 Mitarbeiter bevölkern, ziehen sie in ziemlich opulente Vorstandsbüros ein. Sie ahnen es – genau: in sage und schreibe 80 Quadratmeter große. ACHTZIG Quadratmeter! Für eine Person. Was machen die dort? Golf spielen? Tennis? Üben die Weitsprung?

Große Pläne

Nein, wir reden hier nicht über die Vorstände der Deutschen Bank, von Daimler oder irgendwelchen Dax-Giganten. Wir sprechen über einen kommunalen Energieversorger. Über die 100-prozentige Tochter einer Stadt, die mit 1,4 Milliarden Euro bis zur Oberkante Unterlippe verschuldet ist. Da darf durchaus die Frage gestellt werden: Wie kann man dermaßen protzig planen? Klar ist: Feid und Mösl ist das nicht anzulasten. Sie führen die eigenständige Aktiengesellschaft erst seit wenigen Monaten. Sie haben einigen Ballast geerbt, wie sie selbst fast schon peinlich berührt sagen. „Das sind die Planungen, die wir vorgefunden haben. Punkt“, meinte Mösl zuletzt bei einem Rundgang im entstehenden TWL-Gebäude an der Ecke Bahnhof-/Bismarckstraße.

Leiser Rauswurf

Zwischen den Zeilen hört man da deutlich heraus, dass sich das frischgebackene Führungsduo – beim zweiten Blick – eher schämt als freut über die Mega-Büros und nicht sonderlich gut zu sprechen ist auf die Vorgänger. Die wurden zum 1. Juni vorigen Jahres gefeuert. Hochkant. Ein bisher einmaliger Vorgang in Ludwigshafen. Und je mehr über die Umstände durchsickert, viel ist es noch nicht, desto größer wird das Verständnis dafür, warum Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck als Aufsichtsratsvorsitzende der TWL so gehandelt hat, wie sie gehandelt hat. Kompromisslos. Einerseits. Begründet wurde der rätselhafte Rauswurf von Reiner Lübke und Hans-Heinrich Kleuker nämlich – andererseits – recht verschwurbelt. Da war von einer „einvernehmlichen Trennung“ die Rede, von „beruflichen Neuorientierungen“ sowie von „grundlegenden Meinungsverschiedenheiten“ zu den Baukosten für das von den TWL forcierte Projekt „Freischwimmer“ – eine Einrichtung im ehemaligen Hallenbad Nord für Existenzgründer. So seltsam wie man das halt formuliert, wenn man jemandem einen Tritt in den Hintern verpasst, ihn dann aber doch nur sehr zaghaft vor die Tür schubst – inklusive Trinkgeld, sprich Aufhebungsverträgen.

Viel oder zu viel?

Fest steht, dass die „Freischwimmer“-Kosten explodiert sind. Spekuliert wird auch über Beteiligungen an Firmen, die Verlustgeschäfte waren. Das Verhältnis der früheren TWL-Bosse zur seinerzeit erst kurz amtierenden OB war rasch belastet. Mag sein, ist aber zweitrangig. Entscheidend ist doch die Frage, warum keiner aus dem 18-köpfigen Aufsichtsrat – besetzt mit Politikern und Arbeitnehmervertretern – damals vom Stuhl gefallen ist, als die Konzepte fürs neue TWL-Kundenzentrum vorlagen. Nur zur Erinnerung: Ein Aufsichtsrat ist ein Kontrollgremium – wenn er seine Arbeit ernst nimmt. Vielleicht sollten sich die Herrschaften demnächst mal in eines der TWL-Vorstandsbüros zurückziehen und darüber offen diskutieren. Ausreichend Raum für Gedanken wäre ja vorhanden. Die Kolumne Fünf Redakteure berichten für die RHEINPFALZ über Ludwigshafen. Ihre Erlebnisse aus dem (Arbeits-)Alltag nehmen die Redakteure in der Kolumne „Quintessenz“ wöchentlich aufs Korn.

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