Ludwigshafen Der Bösendorfer bebt

Acht Abende seiner Mannheimer Konzertreihe mit sämtlichen Klaviersonaten von Joseph Haydn hatte Kai Adomeit schon hinter sich gebracht. Auch beim neunten und damit vorletzten Konzert zeigte er erst ganz am Ende kleine Ermüdungserscheinungen. Da entschuldigte er sich, nach sechs Haydn-Sonaten, einer fulminanten „Appassionata“ und zwei brillanten Zugaben nicht noch eine dritte geben zu können.

Das Publikum im Florian-Waldeck-Saal der Reiss-Engelhorn-Museen zeigte dafür volles Verständnis, schließlich hatte es erlebt, wie er Haydn in gewohnter Frische spielte. Der Spezialist für virtuose romantische und spätromantische Klaviermusik hat sich bestens in Haydns filigrane Klangwelt eingespielt. „Es ist noch Haydn da“, hatte Adomeit mit einem gewissen Augenzwinkern die letzten drei Konzerte seines Projektes überschrieben. Er wollte damit sagen, dass es auch unter den mehr als 52 Sonaten, die er noch nicht gespielt hat, lohnende Entdeckungen gibt. Zu Beginn wieder zwei Frühwerke. Bei einer F-Dur-Sonate, deren Manuskript erst vor einigen Jahren in einem Kloster in Bozen wiederentdeckt worden war, nutzte Adomeit die ersten beiden Sätze noch zum Warmspielen für das, was er dann praktizierte: feinsinniges, klug artikuliertes, perlendes Spiel, das dem klassischen Stil Haydns gerecht wurde. So veredelte er diese „Bozner Sonate“ wie auch die folgende Sonate Nr. 11 in G-Dur, beides keine großen Meisterwerke, aber reizvolle Musik. Den reifen Haydn zeigte die Sonate Nr. 24 D-Dur. Zwischen zwei munteren, straff gespielten Ecksätzen steht da ein Adagio, das weit über seine Zeit hinausweist: elegisch, ausdrucksstark, fast schon ein romantisches Nocturne, von Adomeit mit intensiver Spannung erfüllt. Recht mozartisch mutet die Es-Dur-Sonate (Nr. 38) an, wieder mit einem stimmungsvollen Adagio in der Mitte. Mit kräftigem Zugriff gab Adomeit nach der Pause in der Sonate Nr. 41 B-Dur eine Einstimmung auf das Folgende. Wie immer hatte er ein Werk aus späterer Zeit als Kontrast zu Haydn ans Ende des Programms gestellt, diesmal Beethovens f-Moll-Sonate op. 57, die „Appassionata“ – Vorgeschmack auf den Beethoven-Chopin-Zyklus, den Adomeit ab dem Herbst startet. Jeder große Pianist hat die „Appassionata“ gespielt, aber Adomeits Interpretation braucht sich hinter keiner anderen zu verstecken. Der unablässig rollende letzte Satz ist angeblich durch ein Nachtgewitter angeregt worden, Adomeit scheint diesen Gedanken auch auf den Kopfsatz übertragen zu haben. Er entfachte ein Tastendonnerwetter, das seinesgleichen sucht. Die Akkordschläge ließen den Bösendorfer-Flügel mächtig erbeben. Gewaltige pianistische Stürme waren das über Abgründe und Klippen hinweg und immer im Dienste musikalischen Sinngehalts.

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