Ludwigshafen „Das Grundgesetz hat Vorrang“

In ihrem Heimatland Pakistan wurden sie verfolgt, in Ludwigshafen haben sie eine neue Heimat gefunden (von links): Student und U
In ihrem Heimatland Pakistan wurden sie verfolgt, in Ludwigshafen haben sie eine neue Heimat gefunden (von links): Student und Unternehmer Shahrose Khan, Ahmadiyya-Imam Afaq Ahmad aus Darmstadt und der Vorsitzende der Ludwigshafener Gemeinde, Mohammed Ahsan Madhi.

Die Stadt Ludwigshafen ist bekannt für ihren hohen Migranten-Anteil. Etwa 40 Prozent ihrer Einwohner haben ausländische Wurzeln, viele von ihnen stammen aus muslimischen Ländern. Deshalb ist es durchaus möglich, dass bei manchen Autos die Aufschrift „Liebe für alle, Hass für keinen“ zu lesen ist. Sieht man dieses Motto, kann man sicher sein, dass es einem Mitglied der muslimischen Glaubensgemeinschaft der Ahmadiyya gehört. Die in ihrem Heimatland Pakistan als „vom Islam abgefallen“ bekämpfte Gruppe zählt in Ludwigshafen etwa 250 Mitglieder. 50 von ihnen seien 2015 im Flüchtlingstreck nach Deutschland gekommen, erklärt der örtliche Gemeinde-Vorsitzende Mohammed Ahsan Madhi. Nun möchte die Gemeinde bis April mit verschiedenen Aktionen und einer Info-Hotline, die angeblich 24 Stunden besetzt sein soll, Fragen neugieriger Bürger beantworten. Mit einer Pressekonferenz wurde die Aktion der Gemeinde gestern im Hemshof gestartet. Wie Afaq Ahmad (29), Imam und „Dialog-Beauftragter“ der Gemeinde, berichtet, stehen einige Termine bereits fest. Am Samstag, 8. März, soll zwischen 9 und 18 Uhr auf dem Rathausplatz gegenüber der Postfiliale ein Infostand aufgebaut und mit den Ludwigshafenern das Gespräch gesucht werden. Am Mittwoch, 24. April, will die Gemeinde in der Bürgermeister-Grünzweig-Straße zu einer Dialogveranstaltung einladen. Ferner soll Ludwigshafen ein „Friedensbaum“ übergeben werden. Der Termin muss noch festgelegt werden. Wo der Baum angepflanzt wird, soll die Stadt entscheiden. Die Gemeinde organisiert ähnliche Veranstaltungen seit zwei Jahren. Auch in Ostdeutschland, unter anderem in Thüringen, ist sie nach eigenen Angaben auf die Menschen zugegangen und habe positive Erfahrungen gesammelt. „Wir haben gesehen, dass die Ängste daher rühren, dass die Menschen keine Muslime kennen und keine Kontakte haben“, sagt Ahmad, der in Nordhorn in Norddeutschland geboren wurde und beim gemeindeeigenen theologischen Institut im hessischen Riedstadt in einem sieben Jahre dauernden Studium ausgebildet wurde. Auf die Frage nach den häufigsten Fragen der Bürger antwortet der Theologe: „Es sind eigentlich die üblichen Fragen. Also Fragen nach dem Heiligen Krieg Dschihad, nach der Stellung der Frauen sowie der Scharia.“ Die Gemeindemitglieder stellen ihren Glauben als einen sehr modernen und toleranten vor. Für Ahmad sind die meisten Probleme durch die Vermischung von Religion und Glauben verursacht. Aus ihrer Sicht gibt es keine Widersprüche zwischen ihrem Glauben und dem Grundgesetz. Und wenn die religiösen Gesetze, die Scharia, mit dem Grundgesetz kollidieren sollte, so hätte aus ihrer Sicht das Grundgesetz Vorrang. Auch wenn sich die Gemeinde sehr offen zeigt, spielen die Regeln ihres Glaubens in ihrem Alltag eine bestimmende Rolle. So tragen ihre Männer eine Kopfbedeckung. Die meisten tragen eine rundliche Mütze, die als afghanische Mütze mit dem Namen Pakol bekannt ist. Ahmad erläutert: „Im Islam ist Kopfbedeckung vorgeschrieben, auch für Männer. Beim Gebet ist der Kopf bedeckt, bei vielen im Alltag auch. Die Bedeckung an sich ist also religiös vorgeschrieben, die Form ist Traditionssache.“ Die Gemeinde-Mitglieder sind dankbar für das Leben in Deutschland. Im Gegensatz zu vielen muslimischen Ländern, wo sie verfolgt werden, sind sie hier in Sicherheit. Der Ludwigshafener Gemeinde-Chef Madhi äußert sich sehr positiv über das Leben vor Ort: „In Pakistan sind wir für vogelfrei erklärt worden. Hier sind wir frei.“ Shahrose Khan (23), Psychologie-Student in Frankfurt und Inhaber einer Metall-Recycling-Firma in der Industriestraße, sagt: „Deutschland ist das Land, in dem ich meine Religion frei ausleben kann. Ich fühle mich diesem Land verbunden.“

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