Ludwigshafen Aufmerksamkeit ist das A und O

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Die Entführung eines Babys aus einer Stuttgarter Klinik sorgt aktuell für Diskussionen über Sicherheitsvorkehrungen in deutschen Krankenhäusern. Die Ludwigshafener Einrichtungen fühlen sich gut gerüstet – und betonen, dass nicht alles, was möglich ist, immer auch sinnvoll sein muss.

Die Debatte läuft seit mehr als einer Woche, und ein Argument ist immer wieder zu hören: Eine 100-prozentige Sicherheit kann kein Krankenhaus garantieren. Der Fall aus Stuttgart scheint genau das zu belegen, denn obwohl es in dem betroffenen Krankenhaus Kameras und einen Wachdienst gibt, ist es einer 22-Jährigen gelungen, das Baby – das nach sieben Stunden wieder bei seiner Familie war – aus dem Zimmer der Mutter zu entführen. Die Situation auf Neugeborenenstationen ist schon deshalb besonders schwierig, weil es oft und viel Besuch gibt. Manchmal kommen sogar ganze Gruppen von Verwandten und Bekannten, die den neuen Erdenbürger begrüßen wollen. „Wir begrenzen die Zahl nicht“, erklärt Katja Hein vom St. Marien- und St. Annastiftkrankenhaus. „Das macht auch keinen Sinn, denn die Eltern wollen ja Besuch.“ Nichtsdestotrotz legt das Marien großen Wert auf Sicherheit. Gleich bei der Ankunft im Krankenhaus bekommen die Eltern einen Infozettel ausgehändigt und werden ermahnt, ihr Kind nie unbeaufsichtigt zu lassen. Das zuständige Personal wird ihnen persönlich vorgestellt, damit sie die Gesichter kennen und wissen, wem sie vertrauen können. Das Babyzimmer sei immer unter Beobachtung, erklärt Hein. Um es zu betreten, müssten Gäste und Patienten durch das Stationszimmer gehen, in dem sich zu jeder Zeit des Tages Personal aufhalte. Auch in den Nächten würden zwei Angestellte ihren Dienst auf der Station tun und das Zimmer abschließen – und sollte es einmal passieren, dass keiner von beiden in der Station ist, wird das Babyzimmer abgeschlossen. Ohnehin sei das Krankenhaus nachts geschlossen, und Besucher müssten an der Pforte klingeln. Einen Wachdienst, Kameraüberwachung oder Chiparmbänder, die einen Alarm auslösen, wenn das Baby an bestimmten Schranken vorbei getragen wird, gibt es im Marien nicht. „Wir denken darüber nach, eine Kamera auf dem Flur der Station zu installieren, müssen da aber den Datenschutz und die baulichen Gegebenheiten berücksichtigen“, informiert Hein. Bei der Chipüberwachung sei vor allem das Finanzielle ein Hemmnis. „Das System ist unheimlich teuer“, so Hein. Der Geschäftsführer des Klinikums, Hans-Friedrich Günther, hält es darüber hinaus für nicht praktikabel. „Diese Armbänder piepen, sobald die Mütter mit ihren Kindern die Station verlassen. Wir wollen aber niemanden einsperren“, sagt er. „Außerdem kann man die Bänder auch einfach vom Arm eines Säuglings entfernen. Das ist also nicht besonders sinnvoll.“ Auch eine Kameraüberwachung ist im Klinikum nicht geplant. Stattdessen setzt Günther auf die Wachsamkeit des Personals, das in Sachen Entführung stark sensibilisiert sei und sich an genaue Ablaufpläne halte, die bestimmen, an wen ein Baby übergeben werden darf und an wen nicht. Auch im Klinikum erhalten die Eltern gleich beim Einchecken eine genaue Einweisung. Als weiteres Plus wertet Günther das „Rooming-In“, also dass Mütter die ganze Zeit mit ihren Kindern zusammen sind. Nur in Ausnahmen kämen die Kleinen in das Kinderzimmer, das engmaschig kontrolliert und nachts überdies mit einem Babyfon überwacht werde. Nachts kommt laut Günther auch niemand ohne Kontrolle durch den Sicherheitsdienst ins Klinikum, und tagsüber müssen alle Gäste der Geburtsstation am durchgängig besetzten Stationsstützpunkt vorbei. Die Ludwigshafener Häuser setzten also vor allem auf die Wachsamkeit ihres Personal. Entführungen hat es bisher noch nicht gegeben.

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