Ludwigshafen „Aktuell zählt nur der Aufstieg“

Überflieger mit Bodenhaftung: Philipp Grimm.
Überflieger mit Bodenhaftung: Philipp Grimm.

Interview: Mit dem Heimspiel heute um 18 Uhr gegen Empor Rostock beendet Handballer Philipp Grimm seine Laufbahn. Der Kapitän der TSG Ludwigshafen-Friesenheim kann mit seinem Team in die Bundesliga aufsteigen. Gewinnen die Konkurrenten Hüttenberg und Rimpar, muss die TSG um zwei Tore höher gewinnen als Hüttenberg.

Herr Grimm, Hüttenberg, Rimpar oder Friesenheim. Wer schafft’s? Glauben Sie, dass sich die Gegner Nettelstedt, Bad Schwartau und Rostock noch einmal ins Zeug legen?

Nettelstedt hat als Meister weiter dauerhaft Vollgas gegeben. Das Team hat alle Spiele noch gewonnen. Ich hoffe, dass das in Hüttenberg auch der Fall ist. Ich denke, es will sich keiner nachsagen lassen, dass er am letzten Spieltag eine schlechte Rolle gespielt hat. Zum VfL Bad Schwartau hatten wir schon Kontakt, da kennen wir den einen oder anderen Spieler, mit denen konnten wir immer gut. Bad Schwartau spielt daheim, und wer will schon daheim sein letztes Spiel verlieren? Ich gehe davon aus, dass alle noch einmal Vollgas geben. Ist Ihnen so richtig bewusst, dass das Spiel gegen Rostock Ihr letztes ist? Klar, ich denke schon seit Monaten daran, es sind immer weniger Spiele geworden, immer weniger Trainingseinheiten. Die Situation, dass wir noch Aufstiegschancen haben, erleichtert mir den Abschied. Ich denke aktuell vor allem daran, dass ich mit der Mannschaft aufsteigen will – und stelle meine persönliche Situation eher in den Hintergrund. Das klappt natürlich nicht hundertprozentig. Aber für mich zählt nur eines: Mit der Mannschaft, die mir so am Herzen liegt, aufzusteigen. Was direkt nach dem Spiel ist – abwarten. War es ein Gedanke, beim Aufstieg noch einmal ein Jahr dranzuhängen? Die Liga spielt keine Rolle, da ich ja mit der TSG schon zweimal Bundesliga gespielt habe. Ich habe alles gesehen im Rahmen meiner Möglichkeiten bei der TSG. Durch Ihren Beruf hatten Sie zuletzt eine enorme Doppelbelastung. Das war nicht immer einfach, oder? Natürlich habe ich mir die Entscheidung nicht leicht gemacht. Aber ich habe immer gesagt: Es gibt ein Leben nach dem Handball. Zwölf Jahre auf dem Niveau, fast jeden Tag Training, den Urlaub nach dem Handball ausgerichtet, die freie Zeit knapp bemessen – ich bin der Typ, der auch die andere Seite des Lebens sehen möchte. Es gab Tage, die waren grenzwertig. Sie haben eine Ära bei der TSG mitgeprägt. Was nehmen Sie mit? Sehr viel Positives. Als ich von Groß-Bieberau hierherkam, war das schon Neuland für mich. In der Truppe waren Lew Woronin, Nico Kibat, Thorsten Laubscher. Es war eine Riesenumstellung für mich von einem Dorfverein zu einer Profimannschaft zu kommen. Wir hatten hier anfangs Mittwochsspiele vor 400 Zuschauern. Da war die Halle fast leer, das war schon ernüchternd. Was mich heute besonders freut: Die TSG ist die Top-Adresse in Deutschland für junge Spieler geworden. Allein wie viele Kreisläufer wir entwickelt haben: Steffen Bühler, Evgeni Pevnov, Alexander Becker, Christian Klimek. In den zehn Jahren hat sich einiges bewegt, wir sind zweimal aufgestiegen. Wir sind auch zweimal abgestiegen, wobei der zweite 2015 unheimlich bitter war: Wir hatten 25 Punkte am Ende! Und da war das Trauma von Hannover-Burgdorf – der K.o. 2009 in der Relegation mit der Schlusssekunde ... Das war im ersten Moment ganz schlimm, denn es war schon als kleiner Junge mein Traum, Bundesliga zu spielen. Aber das Schöne war, dass wir im Jahr darauf mit einer ganz jungen Mannschaft souverän aufstiegen. Die Aufstiege, ist es das, was bleibt? Ja, aber auch die vergangene Saison, als wir mit neun neuen Spielern nur wegen des schlechteren Torverhältnisses nicht aufgestiegen sind. Das war ein Riesenereignis. Erinnern Sie sich noch an 2007? Da musste ich erst einmal reinwachsen. Da hieß es eher: Mund halten als Mund aufmachen. Ich denke aber, ich habe mich relativ schnell zurechtgefunden. Auch damals hatten wir eine tolle Mannschaft. War der frühere Trainer Thomas König Ihr großer Förderer? Ja, ich wusste, was ich an ihm habe – aber er wusste auch, was er an mir hat. Aber auch sein Nachfolger Benjamin Matschke, mit dem ich ja lange zusammengespielt habe, hat mir in den letzten beiden Jahren noch einmal einen Mega-Spaß vermittelt. Wer war der Spieler, der sie am meisten beeindruckt hat? Als ich herkam: Lew Woronin. Er war ein Vorbild. Er war in jedem Training mit einer tollen Einstellung unterwegs. Ich habe viel von ihm gelernt. Es ist ja schon durchgesickert, dass Sie dem Verein treu bleiben ... Am Samstag wird es die TSG öffentlich machen, dass ich im Verein eine Aufgabe übernehme. Wie die genau aussieht, werden wir noch festlegen. Und ich habe von Anfang an gesagt, dass ich noch einmal pro Woche mittrainieren will, auch, wenn Benjamin mich im Training braucht ... ... das gilt nur für das Training? (lacht) Nur für das Training. | Interview: Udo Schöpfer

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