Ludwigshafen 1600 Kilometer zum Schachturnier nach Polen radeln

Kornel Kelemen radelt täglich zur Arbeit oder unternimmt gern längere Radtouren.
Kornel Kelemen radelt täglich zur Arbeit oder unternimmt gern längere Radtouren.

«Altrip.»Die Liebe zum Schachspielen fordert meist nur den Geist. Bei Kornel Kelemen geht der Denksport aber auch ordentlich in die Beine. Der stellvertretende Vorsitzende des Altriper Schachklubs 1926 besucht seit zehn Jahren den befreundeten Schachklub im polnischen Städtchen Lêdziny – und zwar mit dem Rad. Am Sonntag fiel der Startschuss für die diesjährige Tour – es geht entlang der Ostseeküste.

Seit rund 20 Jahren ist der Altriper Schachklub mit seinem Pendant in Lêdziny in Freundschaft verbunden. Regelmäßige gegenseitige Besuche gehören seither dazu. Vor zehn Jahren kamen einige Vereinsmitglieder auf die Idee, mit dem Rad zum Vergleichskampf in Polen anzureisen. Kornel Kelemen war schon bei der ersten Tour dabei und radelt seither alle zwei Jahre nach Lêdziny. Die erste Etappe war noch recht überschaubar. Von Mannheim-Wallstadt aus wollten Kornel Kelemen und sein Schachfreund am frühen Sonntagmorgen mit ihren Rädern bis zum Mannheimer Hauptbahnhof fahren. Erst nach der Zugfahrt bis Berlin stand wieder Radfahren auf dem Programm. Doch seither gilt es nur noch, kräftig in die Pedale zu treten. Rund 1600 Kilometer beträgt die Distanz, welche die beiden bis zum 20. Juli zurücklegen wollen. „Wir fahren 150 bis 160 Kilometer am Tag – je nach Gegenwind oder Rückenwind“, erklärte Kornel Kelemen vor seiner Abreise. Der Altriper ist seit jeher begeisterter Radfahrer und hat die Touren nach Polen mal mit dem Mountainbike, mal mit dem Rennrad zurückgelegt. Jetzt sind er und sein Vereinskollege, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, wieder mit den Rennrädern unterwegs. Alles, was sie für die Reise brauchen, tragen sie in ihren Rucksäcken bei sich. „Bei der ersten Tour hatten wir noch ein Begleitfahrzeug“, erinnert sich der 67-Jährige. Jetzt muss das Allernötigste reichen. Die Route führt das Duo über Stettin an der Ostseeküste entlang bis Danzig. Von dort geht es quer durchs Land bis kurz hinter die litauische Grenze nach Lazdijai, bevor die Strecke über Orte wie Skrzypki und Ostroleka wieder ins Landesinnere bis nach Warschau führt. Mit dem Zug möchten die beiden von der Hauptstadt aus weiterfahren, um dann die letzten 115 Kilometer bis Lêdziny wieder aus eigener Kraft zurückzulegen. Hotels haben sie vorher nicht gebucht. „Wenn man keine zu großen Ansprüche stellt, findet man immer etwas“, weiß der 67-Jährige. Und da sie sich immer eine andere Strecke aussuchen, wird die Radtour auch nicht langweilig. „Zweimal sind wir die Donau runtergefahren und durch die Slowakei wieder hoch“, berichtet der Altriper. Ein anderes Mal haben sie einen Strich von der Heimat bis zum Ziel gezogen. „Mittels Navi sind wir dann so nah wie möglich an dieser Linie gefahren“, erzählt Kornel Kelemen. „Damals sind wir oft durch die pure Natur gefahren. Da haben wir auch viel erlebt.“ Zum Beispiel habe sich sein Freund bei einem Sturz schwer an der Schulter verletzt. Nach 20 Kilometern habe ein Arzt sich die Verletzung angeschaut und gesagt, dass eine Operation auch noch später möglich sei. Also habe sein Begleiter den Rucksack quasi als Druckverband genutzt und sei die Tour zu Ende gefahren. Unvorbereitet begeben sich die Radsportler nicht auf die Strecke. „Es gehört viel Training dazu“, sagt Kornel Kelemen. So war er im Mai im Elsass unterwegs. „Da sind in vier Tagen knapp 600 Kilometer und etwa 5000 Höhenmeter zusammengekommen.“ Auf dem Rad sitzt der 67-Jährige ohnehin fast täglich. Außerdem spielt er Tennis und fährt Ski. Und Schach sei schließlich auch ein Sport, betont er. „Es ist eigentlich sehr anstrengend. Man verbraucht sehr viel Sauerstoff und muss sich über Stunden konzentrieren“, sagt er. Das wird ihm auch am Ende der Tour bevorstehen, denn dort wird mit den Vereinskollegen, die konventionell anreisen, gegen die Schachfreunde aus Lêdziny gespielt. Dass seine körperliche Fitness dabei ein Vorteil ist, davon ist Kornel Kelemen überzeugt. Kraft schöpft er außerdem aus seiner gesunden Ernährung. „Ich bin seit etlichen Jahren Vegetarier“, sagt der Altriper. Und für diese Tour hat er sich auch fest vorgenommen, ganz auf Alkohol zu verzichten. In Polen sei das gar nicht so einfach, gibt er lachend zu. Aber er habe einen Trick: „Ich habe dann immer ein Schnapsglas mit Wasser vor mir stehen.“

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