Ludwigshafen Ärger über Unterhosen und Hundehaufen

„Auf Gehwegen die Hundehaufen liegen!“ Darüber kann man sich aufregen – oder man trällert seinen Frust gemeinsam lautstark in die Welt hinaus, wie die Beschwerdechöre, die sich in vielen Metropolen rund um den Globus gegründet haben. Nun auch hier: In Ludwigshafen wird eine Weltpremiere der besonderen Art stattfinden.

Während es in anderen Großstädten nur einen Chor gab, der sich aus Bewohnern formierte und als Flashmob auf der Straße auftrat, entstehen hier gleich vier. Das hat es seit der Gründung des ersten Chores in Finnland vor 14 Jahren nicht gegeben. Und es bedeutet nicht, dass es in Ludwigshafen vier mal mehr Beschwerden gibt. Tatsächlich haben der Ludwigshafener Kunstverein und die Hochschule vier Themen vorgegeben: Der Chor der Studis steht bereits. Es folgen noch ein Chor der Wohnungssuchenden, der Arbeit und der Chor für Artenvielfalt. Interessierte können überall noch mitmachen. Es war eine Idee des Künstlerpaars Tellervo Kalleinen und Oliver Kochta-Kalleinen, Bürger einer Stadt zusammenzubringen, um zu singen, was sie belastet oder was sie gerne verbessern würden. Aus einem demokratischen Prozess heraus werden Text und Musik entwickelt, unterstützt von regionalen Musikern. Für Ludwigshafen sind das Bernhard und Roland Vanecek und Coco Safir (Anna Vanecek). Offenbar macht Singen glücklich. „Die Leute, die am ersten Chor-Workshop teilgenommen haben, schweben geradezu durch die Flure“, erzählt Andrea Lutz-Kluge, Professorin an der Hochschule, wo schon 200 Beschwerden gesammelt wurden. Wie die Chöre anderer Städte von Tokyo bis Chicago klingen, ist jetzt außerdem im Kunstverein in großformatigen Videofilmen zu erleben – und auch die Ludwigshafener werden teil dieser Dokumentation werden. „Luxuswohnungen für die reichen Rentner aus dem Westen“, mosern beispielsweise die Dresdener. In Tokyo stört man sich an viel zu langen Rolltreppen, an Kollegen, die ihre Nägel am Arbeitsplatz abschnipsen und dass die Wäsche nie ganz trocken aus dem Trockner rauskommt. Eins ist überall zu erkennen: Die Leute, die mitmachen, haben einen Riesenspaß. Die Texte sind flott groovend vertont, die Themen lustig und ernsthaft, politisch oder sozial relevant: Dass die Lieblingsunterhose im Geschäft nicht mehr zu haben ist, wird ebenso besungen wie verspätete Busse und Bahnen oder die Enttäuschung über leere Versprechungen von Politikern. Und die Reaktionen im öffentlichen Raum scheinen ausgesprochen positiv zu sein. Termin Der Chor der Studierenden wird Donnerstag, 11. April, um 19 Uhr in der Hochschule, Maxstraße 29 singen. Um 19.30 Uhr Vernissage im Kunstverein, Bismarkstraße 44 - 48. Die Ausstellung ist geöffnet dienstags bis freitags, 12 bis 18 Uhr, samstags, sonntags und an Feiertagen, 11 bis 18 Uhr. Wer bei einem Chor mitmachen will: Anmeldung unter Telefon 0621 528055 und über www.kunstverein-ludwigshafen.de.

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