Ludwigshafen Wo Helmut Kohl regelmäßig schwitzte

„Wer sich in tiefe Gewässer wagt, muss schwimmen können“ ist der Slogan des Startup-Innovationszentrums „Freischwimmer“ im Alten Hallenbad Nord. Durch die noch im Umbau befindliche frühere Badeanstalt, in der Helmut Kohl regelmäßig schwitzte, führte der Verein Industriekultur Rhein-Neckar.

Den „Freischwimmer“, das blauweiße Abzeichen, das man sich bis in die 80er Jahre nach bestandener Prüfung von der Mutter an die Badehose nähen ließ, gibt es so gar nicht mehr. „Seeräuber“, „Hai“ oder „Seehund Trixi“ heißen die Abzeichen heute. Als Ausdruck dafür, unabhängig und selbstständig zu werden, versteht man „sich freischwimmen“ freilich noch immer. Der Name des Existenzgründungszentrums, mit dem die Technischen Werke Ludwigshafen junge Unternehmer vor allem in den Bereichen Energie, Wasser, Mobilität und Future City & Digital City Solutions unterstützt, ist daher trefflich gewählt. Freischwimmen im Hallenbad. Draußen und drinnen ist noch Baustelle, auch wenn das Startup-Zentrum bereits vor einem guten Jahr eröffnet wurde. Durch den Gebäudekomplex führten die Leiterin des „Freischwimmers“, Stephanie Henn, der Geschäftsführer des nahen Müllheizkraftwerks (GML), Thomas Grommes, und der Ludwigshafener Denkmalschützer Matthias Ehringer. „Man wollte endlich wieder leben, nach all dem, was man vorher erleben musste“, erinnerte Ehringer an die Errichtung des Bades, das ab 1953 mit Unterstützung der BASF gebaut und im Oktober 1956 mit zahlreichen Sportwettkämpfen eröffnet wurde. „Die Konstruktionen waren in der Zeit nicht nur mutig, sondern ausgereizt“, lobte der Stadtbildpfleger die Bauplanung des Ludwigshafener Architekten Heinrich Schmitt (1899-1985), der auch die vier Wohnhochhäuser An der Froschlache entwarf. Wirklich geschätzt wurde die vierflügelige Stahlbetonkonstruktion rund um ein großes Atrium in späteren Jahren nicht mehr. 2001 wurde das Hallenbad geschlossen, weil geänderte rechtliche Bedingungen und strengere hygienische Vorschriften den Weiterbetrieb nicht erlaubten. „Es war furchtbar zu sehen, wie es dann bröckelte. Es ist eingebrochen worden, es wurde hier Feuer gemacht und Tod und Teufel“, bedauerte Ehringer. Der Ursprungszustand des 65 Jahre alten Bauwerks sei nicht wiederherzustellen. Erst 2009 wurde der Bau an der Pettenkoferstraße unter Denkmalschutz gestellt. Der weite und lichte Innenhof, einst Liegewiese für Badegäste, gleicht freilich immer noch einem Stoppelacker, gestand Stephanie Henn ein. Dafür wurde im Gebäude saniert, rekonstruiert und umgebaut. 40 Tonnen Bauschutt wurden rausgeholt, ohne zuviel von der Substanz zu zerstören. „Eigentlich ist alles wie früher, nur ohne Wasser“, erklärte Henn im alten Lehrschwimmbecken, das zum Vortragssaal umfunktioniert wurde. In der ehemaligen „Kanzlersauna“ im Untergeschoss findet man noch die originalen Wandmosaiken von Rolf Müller-Landau, und das große Sportschwimmbecken hält mittlerweile eine Million Liter Löschwasser für das GML bereit.

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