Ludwigshafen „Uffschreiwe, wer nicht gezahlt hat“

Trotz Schwerstarbeit waren die Sänger der MGV Eintracht Waldsee bei der Christbaum-Sammelaktion bester Laune.
Trotz Schwerstarbeit waren die Sänger der MGV Eintracht Waldsee bei der Christbaum-Sammelaktion bester Laune.

«Waldsee.» „O Tannenbaum, o Tannenbaum, du kannst mir sehr gefallen!“ So wurde bis vor Kurzem noch gesungen. Gut zwei Wochen später mag man den viel gepriesenen Tannenbaum nicht mehr sehen. In Waldsee kümmern sich die Sänger des MGV Eintracht seit Jahrzehnten um die Entsorgung der Weihnachtsbäume. In der Zeit hat sich einiges geändert. Vergangenen Samstag waren sie wieder unterwegs.

Punkt neun Uhr: Lagebesprechung am ersten Sammelplatz in der Ludwigstraße. Ulli Mach teilt Ortspläne aus. Farbige Punkte zeigen an, für welche Straßen die sechs Gruppen mit je drei bis vier Helfern zuständig sind. Absolut idiotensicher, merkt einer an. „Nächstes Jahr machen wir das mit GPS“, witzelt Rainer Stahl. Ulli Mach schaut streng: „Das muss alles seine Ordnung haben.“ Er hat die Pläne zusammen mit dem MGV-Vorsitzenden Heribert Seibel gemacht. Seit vergangenem Jahr läuft die Sammlung anders. Bisher sind Helfer mit Traktor und Anhänger durch das Dorf gefahren und haben die Bäume aufgeladen. Nun mangelt es an Fahrzeugen und Fahrern. Und die Kurverei durch die immer mehr zugeparkten Straßen macht eh keinen Spaß mehr. Seit 2017 stellt die Firma Baumdienst Reichwein aus Otterstadt die Container an verschiedenen Stellen im Ort ab. Die Helfer schleppen die Bäume dorthin, Reichwein Senior bringt die Container dann zum Sammelplatz hinter der Sommerfesthalle und lädt die Bäume in zwei riesige Container der Firma Zeller. Für die Sammler bedeutet das eine genaue Wegplanung, denn mitunter müssen sie die Bäume weite Strecken ziehen. Ulli Mach schickt die Sammler los. „Uffschreiwe, wer nicht gezahlt hat“, ist die Anweisung von Chef Seibel. Er fährt mit Auto und Hänger durch entlegene Gassen und lädt dort Bäume auf. Die Männer von Gruppe 3 – Rainer Stahl, Peter Grimm und Frank Gries – ziehen in die Schulstraße. Das Prinzip ist einfach, hat aber seine Tücken. Wenn ein Baum vor einem Haus liegt, wird dort geklingelt und der Obolus fürs Sammeln kassiert. Früher war auch das einfacher. Da wurde ein Beutel mit den Münzen an dem Baum befestigt. Das haben aber auch „andere“ spitz gekriegt und die Bäume geplündert. Jetzt kostet es mehr Zeit. Meist werden die Sammler bereits erwartet. Dann die erste Herausforderung: ein einsamer Baum steht vor einem Sieben-Familien-Haus. Rainer Stahl guckt die Fassade hoch, schaut, wo die Rollläden schon hochgezogen sind und klingelt auf Verdacht. Treffer, manchmal braucht man detektivisches Gespür. „Ärgerlich ist es, wenn drei Bäume auf einem leeren Grundstück liegen und drum herum vier Mehrfamilienhäuser stehen“, erzählt Stahl. Alles schon vorgekommen. Praktisch wäre es, wenn an den Bäumen ein Zettel mit Namen und Adresse hängen würde. Nächster Problemfall: Ein Baum vor einem Haus, alle Rollläden sind noch geschlossen, es ist 9.30 Uhr. „Das ist jetzt saublöd“, kommentiert Stahl, klingelt dann aber doch. Vergeblich. Der Name wird notiert und später kassiert. Frank Gries grummelt inzwischen ein bisschen, der Weg zum Container ist weit. Und er und Stahl schleppen fünf riesige Bäume hinter sich her. Über die Technik kann man philosophieren. Der Container ist eigentlich voll, doch die Männer werfen die Bäume mit Schwung oben auf. „Voll ist, wenn der letzte drauf ist“, kommentieren sie. Die Sammelaktion macht ihnen Spaß, es sei eine Ortsbegehung der besonderen Art, finden sie. Man trifft Bekannte und erfährt Neuigkeiten, so wie die Wildschwein-Story von Waldsees Revierbetreuer Josef Zickgraf. Eine Rotte Wildschweine hat sich, vermutlich vom Hochwasser Richtung Ort getrieben und dann von Hunden gejagt, in einen Waldseer Garten geflüchtet. Der Besitzer habe seinen Augen nicht getraut, erzählt Zickgraf. Die Christbaumsammler sind noch bis Mittag unterwegs, dann gibt es eine Stärkung. Zum Schluss werden die Sammelplätze sauber gekehrt, dann treffen sich alle zum Hähnchenessen. Was mit dem gesammelten Geld gemacht wird, kann Ulli Mach nicht sagen. Auch das war früher anders. Da haben die Jungsänger einen Ausflug gemacht. Doch die sind mittlerweile auch schon fast alle im Rentenalter. „Am 28. April haben wir ein Konzert. Dafür proben wir schon eifrig, und da fallen auch Ausgaben an“, sagt er.

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