Rheinpfalz Über Gefängnismauern hinweg

Gedanken lassen sich nicht einsperren: Fotograf Enver Enli.
Gedanken lassen sich nicht einsperren: Fotograf Enver Enli.

«Mannheim.» „Fotobrücke“ ist eine Ausstellung über Gefangene in der Türkei überschrieben, die bis 1. März in der Mannheimer Abendakademie zu sehen ist.

„Wenn ich draußen gewesen wäre, würde ich als Erstes meinen Fußabdruck auf dem Sand fotografieren mit dem Datum des Fotos, weil ich sehr neugierig bin, wie es sich anfühlt, nach 20 Jahren auf den sandigen Boden zu treten.“ Diese Zeilen hat Ferda Ildan an den in Mannheim lebenden Fotografen Enver Enli geschrieben. Draußen, das ist das Leben jenseits der hohen Gefängnismauern. Ein Leben in Freiheit, das sie mit ihren ganz persönlichen Wünschen und Träumen verbindet. Deniz Tepeli würde zwei zarte kleine Rebhühner aufnehmen, die eine große, von Arbeit grob zerfurchte Hand behutsam hält. „Ein Bild der Liebe“, wie er schreibt. Politischen Gefangenen wie diesen beiden eine Stimme zu geben, ist das Ziel der „Fotobrücke“, einem Projekt, an dem 60 Fotografen und 60 in der Türkei Inhaftierte beteiligt sind. Unter dem Titel „Gedanken lassen sich nicht einsperren“ sind die Fotografen anhand der ihnen vorliegenden Botschaften auf Motivsuche gegangen. Über die Kommunikation zwischen ihnen und den Gefangenen hinaus sollten die so entstandenen Aufnahmen zugleich eine Brücke zwischen den Gefangenen und der Außenwelt schlagen. Die Idee, dies mit einer Ausstellung in der Abendakademie zu tun, stammt von Enli, der wegen seiner politischen Ansichten in den 1990er-Jahren mehrere Jahre in türkischen Gefängnissen verbrachte. Seit 2005 lebt er als politischer Flüchtling in Deutschland. „Seinem Vorschlag haben wir gerne entsprochen“, erklärte Gerlinde Kammer bei der Vernissage. Die Ausstellung leiste einen Beitrag zur politischen Bildung und eröffne zugleich das Jubiläumsprogramm „120 Jahre Mannheimer Abendakademie“. Kooperationspartner ist der Verein Kulturquer Querkultur Rhein-Neckar, für den Kunsthistorikerin und Islamwissenschaftlerin Nuran Tanriver in das Fotoprojekt einführte. Die Männer und Frauen, die hier zu Wort kämen, seien eingesperrt wegen ihrer Gedanken. Die Anzahl der in der Türkei Inhaftierten bezifferte sie mit fast 230.000, etwa 55.000 davon als politische Gefangene. „Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit“, so Tanriver. Darauf aufmerksam zu machen, sei ein Ziel der Ausstellung. Noch Fragen? Die Ausstellung ist bis einschließlich 1. März im Foyer sowie im ersten und vierten Obergeschoss in der Abendakademie in U 1, 16-19 zu sehen. Der Eintritt ist frei.

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