Ludwigshafen Mannheimer Maifeld Derby: drei Tage, vier Bühnen, 70 Bands

Seltener Gast auf Konzertbühnen: Mark Oliver Everett.
Seltener Gast auf Konzertbühnen: Mark Oliver Everett.

Von Freitag bis Sonntag geht das Maifeld Derby in sein achtes Rennen. Das beliebte Indie-Festival ist längst erwachsen geworden und sein Line-Up liest sich gewohnt vielfältig, selbstbewusst und bisweilen extravagant. Von der lokalen Newcomer-Band bis zum internationalen Top-Act ist alles vertreten – nur kein Mainstream-Hype. Vielversprechende Headliner sind unter anderem Nils Frahm, Editors, Eels oder The Kills. Ein Blick auf die kleinen Bühnen lohnt ebenso.

Für knapp drei Tage verwandelt sich das Festivalgelände erneut in ein musikalisches Schlaraffenland, das einer Mixtur aus Raritätensammlung und Entdeckungen gleicht. Es wird seine Besucher wieder in einen hedonistischen Kosmos saugen, in dem der Moment zelebriert wird. Auch wenn sich das Festival jenseits des Mainstream ansiedelt, ist die Indie-Szene kaum vor überschwänglichen Geschmacksvorlieben gefeit. War es im letzten Jahr noch der exotische Querdenkerpop vom Nachbarn Österreich, der hervorstach, könnte diesmal der Indie-Rock mit Schuss wie bei The Kills mit ihren Punk-Untertönen oder der Klassik-Pop-Crossover von Nils Frahm und Sam Vance-Law ins Zentrum rücken. Auch der Indietronic der britischen Band The Wombats zielt in diese Richtung. Düstere Grundhaltungen bis zu dystopischen Klangbildern, wie sie die Post-Metaller von Neurosis oder die Editors mit ihren deutlichen Anleihen im Post-Punk an den Tag legen, ziehen sich wie ein roter Faden durch das Musikaufgebot.

Musikalische Raritätensammler

Bloßer Zufall oder fungiert hier möglicherweise Musik als ungeschminktes Spiegelbild weltweiter Politik? Ein Lichtblick besteht, denn die Samstagabend-Headliner stürzen ihre Zuhörer keineswegs in düstere Abgründe ohne Strohhalm-Optimismus. Musikalische Raritätensammler dürften mit den Apologeten medialer Abstinenz, mit Eels und Rhye, zwei Präziosa zu Gesicht und Gehör bekommen. Indie-Kauz und Eels-Kopf Mark Oliver Everett ist mit neuem Album („The Deconstruction“) zurück und Rhye ist neuerdings ein Ein-Mann-Projekt um Sänger Mike Milosh mit der Damenstimme. Das mehrfach ausgezeichnete Liebhaberfestival hat im Laufe der Jahre Persönlichkeit entwickelt. Unverwechselbare Attribute markieren seinen Charme. So gehören musikalische Grenzgänge und vermeintliche Gegensätze ebenso zum guten Ton wie die Elektro-Messen im Palastzelt für die Festival-Nachtschwärmer. Freitagabend-Headliner Nils Frahm vereint beides mit seiner handwerklich präzisen Fusion von Techno und Klassik. Mit Sicherheit ein Glanzlicht, das Jon Hopkins mit seinen elektronischen Sphären bis in die frühen Morgenstunden veredelt.

Star-DJ George Fitzgerald setzt den Schlusspunkt

Ein Kapitel für sich ist Star-DJ George Fitzgerald, der den Schlusspunkt am Folgeabend im Palastzelt setzt. Er gilt als lebendes Zeugnis für eine musikalische Kehrtwende. Er tauschte seine Samples gegen echte Instrumente, zog sich aus der Club-Szene zurück und untermauerte das mit seinem Debüt „Fading Love“ symbolkräftig. Mit den Young Fathers aus Schottland reicht der rote Faden der Genre-Verweigerer bis in den Festival-Sonntag hinein. Mit ihrem Album „Cocoa Sugar“ zeigen sie sich borstig, mäandern irgendwo zwischen HipHop, Dub und Elektro. Ein Ausflug zur kleinen Bühne des Parcours d’Amour gleich am Eröffnungstag könnte in diesem Jahr nicht zuletzt wegen Sam Vance-Law lohnend sein. Der Kanadier legte Anfang des Jahres mit „Homotopia“ ein arriviertes Album vor. Der Wahl-Berliner bietet stimmigen kammermusikalischen Pop, den kein anderer als Konstantin Gropper, aka Get Well Soon, mitgestaltete. Als etablierte Kleinkunstbühne des Festivals bietet der Liebes-Parcours wie gewohnt Streicheleinheiten für die Seele, Mikaela Davis und Lynden Finn könnten hier für Gänsehautmomente sorgen.

Namen wie Leuchtreklamen für Lärmexzesse

Als hätte man versucht, das universelle Gleichgewicht zu wahren, Yin und Yang im Festivalkosmos zu verankern, bietet das Brückenaward-Zelt dagegen hauptsächlich Musik am Limit des Lautstärkenreglers. Kreisky, zwei deutsche Brüder auf den Spuren österreichischer Exaltiertheit, bieten hier nervenbelastende, aber durchaus geschätzte Lärmmusik. Weitere musikalische Gäste der für ihre bisweilen brachialen Klangwalzen bekannten Bühne sind Warmduscher, Cocaine Piss, Phantom Winter oder Wolves In The Throne Room. Allessamt Namen wie Leuchtreklamen für Lärmexzesse von Post-Punk bis Noise. Warum den Blick in die Ferne schweifen? Neben der globalen Rundumschau bietet das Derby stets lokale Einblicke. Der rau-charmanten Straßenpoesie des Ludwigshafeners Gringo Mayer gebührt die Ehre der Festival-Eröffnung am frühen Freitagabend. Mit Bal, Elektro-Rock mit Weltmusik-Flair aus Heidelberg, Post-Punk aus Mannheim von Fibel und Alternativ-Rock von Franka wagen sich weitere Lokalmatadoren in die Festivalarena. Public Viewing für Fußball-Fans am Sonntag, ein enorm vielfältiges Food-Angebot, die traditionelle Steckenpferd-Dressur, Kurzfilme und die exklusive Videopremiere der Band Lirr runden das Sorglos-Paket für Musikabenteuer ab. Termine und Karten —Maifeld Derby vom 15. bis 17. Juni auf dem Mannheimer Maimarktgelände. —Freitag: Einlass 15.30 Uhr, Beginn 16.30 Uhr, Ende 2.30 Uhr. —Samstag: Einlass 12.30 Uhr, Beginn 13.30 Uhr, Ende 3 Uhr. —Sonntag: Einlass 12 Uhr, Beginn 12.30 Uhr, Ende 22 Uhr. —Karten im Netz: www.maifeld-derby.de.

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