Rhein-Pfalz Kreis Der Sieg des Siegmund Hein

Birkenheide. Mit genau 80 Stimmen Vorsprung gewinnt Siegmund Hein in Birkenheide die Stichwahl um das Amt des Ortsbürgermeisters. Damit löst der Sozialdemokrat Rainer Reiß ab. Der Christdemokrat hat 15 Jahre die Geschicke des Dorfes gelenkt. Er ist enttäuscht, dass er es nicht in eine vierte Amtszeit geschafft hat. Und über die Art, wie sein Herausforderer Wahlkampf betrieben hat.

Die Glocken läuten. Es ist 18 Uhr. Es ist immer noch heiß. In Birkenheide steht die Luft. So als würde das ganze Dorf den Atem anhalten, bis die Stimmzettel im Dorfgemeinschaftshaus ausgezählt sind. Drinnen sind genau sieben Personen in Bewegung. Die sechs Wahlhelfer, die blaue Papierbögen zu zwei Stößen sortieren. Und Siegmund Hein. Seinem Vornamen entsprechend zeigt er sich optimistisch und baut schon mal an der Theke die Sektgläser auf. Rainer Reiß lehnt an einem Tisch und beobachtet, wie die Stapel wachsen. Er sieht müde aus. Hat tiefe Ringe unter den Augen. „Mir geht es nicht gut, die letzten Wochen, der Wahlkampf haben mir zugesetzt.“ Die Schatten um die Augen des 54-Jährigen scheinen noch ein bisschen dunkler zu werden, als aus Maxdorf das Ergebnis der Briefwahl verkündet wird: „322 Stimmen für Hein, 233 für Reiß.“ Der Christdemokrat liegt 89 Stimmen zurück. Jetzt kommt es darauf an, welcher Stapel auf dem Tisch höher wächst. Eine Prognose abzugeben, traut sich keiner. Es ist schwer abzuschätzen, wie die Flugblattschlacht kurz vor der Wahl die Birkenheider beeinflusst hat. Was in den Tagen vor diesem Pfingstsonntag die Ortspolitiker umgetrieben hat, sieht man draußen vor dem Dorfgemeinschaftshaus, dort wo Wahlplakate stehen. Reiß beispielsweise reagiert mit einem Schreiben auf den SPD-Wahlkampf, der sich direkt gegen ihn gerichtet hat. Der seinen Strafbefehl zum Thema machte. Untreue und Unehrlichkeit warf die SPD ihm vor. „Ich habe bisher auf alle Angriffe und Diffamierungen öffentlich nicht reagiert, da mir ein solch niedriges Niveau fremd ist“, steht auf dem Blatt, mit dem Reiß seine Wahlplakate zum Teil überklebt hat. Und dass er Strafanzeige erstattet hat gegen die Verfasser eines anonymen Schreibens, das im Dorf kursiert und ihn gleich mehrerer Verstöße bezichtigt. Schräg gegenüber reagiert nicht die SPD, wohl aber die FWG mit einer Stellungnahme auf ihrem Plakat: „Dagegen wehren wir uns als unbescholtene Bürger“. Von einer Unterlassungsklage gegen Reiß ist die Rede. 18.27 Uhr. Während die Laternenmasten draußen, die diese gegenseitigen Vorwürfe tragen, starr den Abstand zwischen den Fronten halten, sind die Gegner im Dorfgemeinschaftshaus inzwischen zusammengerückt. Hein drückt Reiß ein Glas Sekt in die Hand. „Komm, wir stoßen auf das Ende des Wahlkampfes an.“ Reiß sagt nichts. Macht aber mit. Und dann schauen beide den Wahlhelfern zu, die fleißig zählen. 18.34 Uhr. Das Ergebnis steht fest. Reiß holt hier am Tisch zwar einen Vorsprung von neun Stimmen heraus, aber der reicht nicht, um die Niederlage bei der Briefwahl wett zu machen. Wenig später verkündet also die Homepage der Verbandsgemeinde Maxdorf: 719 Stimmen für Siegmund Hein. 639 Stimmen für Rainer Reiß. Die Wahlbeteiligung liegt bei 55 Prozent. 63,2 Prozent der Wahlberechtigten hatten zwar noch am 25. Mai ihr Kreuzchen gesetzt, doch für eine Stichwahl an einem sehr heißen Pfingstsonntag haben viele Bürger den Weg zur Urne auf sich genommen. Reiß, Hein und die Flugblätter bewegen. Siegmund Hein stürzt sich in die Fangemeinde. Lässt sich gratulieren. Reiß schnauft durch. Er hat lange genug den Atem angehalten. Jetzt holt er Luft, um noch mal seiner Enttäuschung Ausdruck zu verleihen. Auch wenn er eben mit Hein angestoßen habe – „da bin ich Profi!“ – sitze die Wunde tief: „Bei diesem Wahlkampf ging es darum, mich als Bürgermeister zu demontieren, mich als Mensch und meine Familie zu zerstören. So einen Wahlkampf gab es in Birkenheide noch nie.“ Reiß zeigt sich aber auch selbstbewusst: „Ich weiß, was ich für Birkenheide geleistet habe.“ Als Hein sich aus der Menge befreit, strahlt er. Er ist zufrieden, dass der Wechsel geklappt hat. Ein schlechtes Gewissen – was den Wahlkampf angeht – hat er nicht: „Wenn wir es jetzt nicht gepackt hätten, dann nie.“ Reiß’ Vorwürfe findet er haltlos. Er ist aber, sagt er, froh gewesen, dass die FWG es übernommen hat, zu reagieren. Der Wahlsieger schaut jetzt lieber nach vorne. Den Abend will er genießen und feiern. Den Pfingstmontag nutzen, um sich auszuruhen. „Die letzten Monate und Wochen waren stressig.“ Und dann? Der künftige Ortsbürgermeister will vor der konstituierenden Sitzung in zwei Wochen noch ein Gespräch mit dem geschäftsführenden Beamten der Verbandsgemeinde Maxdorf verabreden. Die Vorsitzenden der drei Fraktionen, Reiß und er selbst sollten über die künftige Zahl der Beigeordneten, der Ausschüsse und Mitglieder sprechen. Zu Heins Gratulanten gehört auch Emmi Seitz. Sie hatte für die FWG als Ortsbürgermeisterin kandidiert. Und für den Pfingstsonntag eine Wahlempfehlung zugunsten des Sozialdemokraten abgegeben. „In der Ratsarbeit wollen wir aber frei bleiben, wollen keine Koalitionsabsprachen.“ Dann knallt’s. Drei Böller für Hein gehen vor dem Dorfgemeinschaftshaus in die Luft. Die hier in Birkenheide immer noch heiß ist.

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