Landau Wollmesheim vorerst auf Verliererstraße

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Diese Weihnachtsüberraschung hätte der Oberbürgermeister den Landauern gerne erspart: Aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts muss die Stadt ihre wiederkehrenden Beiträge für den Straßenausbau neu ordnen. Dies trifft die Wollmesheimer und die Nußdorfer hart, die vier Jahre lang mit erheblichen Mehrkosten rechnen müssen.

2010 hat Landau die wiederkehrenden Beiträge für den Straßenausbau eingeführt. Vorausgegangen war eine Änderung des Kommunalabgabengesetzes im Jahr 2006, wonach ein die gesamte Stadt umfassendes Abrechnungsgebiet zulässig war. Mehr noch: Ab damals war es die Regel, kleinere Abrechnungseinheiten die Ausnahme. Fortan zahlten alle Landauer gut zehn Cent pro Quadratmeter Grundstücksfläche und Jahr. Damit ist jetzt Schluss: Das Bundesverfassungsgericht (BVG) hat im Sommer beschlossen (Aktenzeichen 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 vom 25. Juni), dass immer dann mehrere Abrechnungsgebiete zu bilden sind, wenn Stadtviertel oder Dörfer nicht zusammenhängend bebaut sind. Zwei Bürger aus Schifferstadt und Saarburg hatten dies mit einer Verfassungsbeschwerde erstritten, nachdem sie zuvor vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz unterlegen waren. So schilderte es gestern Stefan Joritz, Leiter des Rechtsamtes der Stadt Landau. Die Landauer Satzung sei zuvor rechtlich überprüft worden, doch weder das Verwaltungsgericht Neustadt, noch das OVG hätten bisher Bedenken gehabt. Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer (SPD) mag die Entscheidung des höchsten Gerichts nicht kritisieren. Gleichwohl bedauert er sie, denn „je größer das Abrechnungsgebiet, desto geringer die Lasten für jeden einzelnen“. Künftig will die Verwaltung das Stadtgebiet in zwölf Abrechnungsgebiete unterteilen, je eines für die Stadtdörfer, eines für das Gewerbegebiet Mörlheim und je ein weiteres für Innenstadt, Horst und Landau-Südwest. Während die Stadt sich bisher mit 33 Prozent an den Ausbaukosten beteiligt hat, schwankt der Wert künftig zwischen 27 Prozent bei minimalem Durchgangsverkehr (Horst, Godramstein) und 35 Prozent in der Innenstadt. Laut BVG können neben unbebautem Areal auch die Topographie, Bahnanlagen, Flüsse und größere Straßen Abrechnungseinheiten begrenzen. Ob die vorgesehene Einteilung (siehe Grafik) tatsächlich so erfolgen kann, vermag die Verwaltung noch nicht einzuschätzen. Nach Joritz’ Angaben lag dem BVG ein weiterer Fall vor, den es ans OVG zurückverwiesen habe. Von dessen noch im Dezember erwarteter Entscheidung erwartet sich die Stadt weitere Aufschlüsse. Auch die nachfolgend genannten Kosten sind nur vorläufige Angaben, da der Hauptausschuss gestern Abend zum ersten Mal über das Thema beraten hat und der Stadtrat dies erst am 16. Dezember tun wird. Die BVG-Entscheidung platzt nach Angaben von Christoph Kamplade, dem Chef des Stadtbauamtes, ins Straßenausbauprogramm. Das umfasst jeweils vier Jahre, aktuell 2014 bis 2017, in denen für rund 7,63 Millionen Euro Straßen erneuert werden. Bereits erneuert wurden oder werden die Pinselstraße in Wollmesheim, die Impflinger Straße in Mörzheim und die Böchinger Straße in Godramstein – größere Maßnahmen, die nun nur noch auf die Bewohner des jeweiligen Ortsteils umgelegt werden dürfen. Konkret: Die Pinselstraße hat 440.000 Euro gekostet, von denen 350.000 Euro umgelegt werden. Bei nur rund 800 Einwohner wirkt sich dies entsprechend aus. Daher werden in Wollmesheim nicht zehn Cent, sondern vier Jahre lang 37,5 Cent pro Quadratmeter Grundstücksfläche fällig (also mehr als das Dreifache). In Nußdorf (Ausbau Walsheimer Straße)sind es 19,6 Cent, in Godramstein 14,3 Cent und im Stadtgebiet 13,1 Cent. Alle anderen künftigen Abrechnungsgebiete können sich vorerst über Beitragssenkungen freuen, weil dort nur kleine oder keine Ausbaumaßnahmen vorgesehen sind. Die Stadt kann nur wenig gegensteuern, sagt Kamplade. Allerdings sollten allein für 2,16 Millionen Euro energiesparende Straßenlampen aufgestellt werden. Das soll nun möglichst dort geschehen, wo sonst wenig gebaut wird. Ansonsten kann allenfalls die eine oder andere Maßnahme unter Umständen vertagt werden. Der Oberbürgermeister will im Haushalt 2015 zudem auf die von der Aufsichtsbehörde geforderte Anhebung der Grundsteuer verzichten und hofft, dass der Rat ihm dabei folgt. Schlimmer betont, dass die früheren einmaligen Ausbaubeiträge Anlieger hoch belastet haben und mit Summen von nicht selten bis 20.000 Euro pro Grundstück sogar als Armutsfalle bezeichnet worden sind. Dazu werde die Stadt nicht zurückkehren. Gleichwohl könne es auch jetzt Härtefälle geben, „aber da finden wir mit Stundung oder Ratenzahlung eine Lösung“. (boe)

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