Landau Streit um Schäden geht weiter

Für die Daldrup & Söhne AG ist es Wasser auf die Mühlen, dass ein vom Gericht eingesetzter unabhängiger Sachverständiger in einem weiteren Teilgutachten zum Ergebnis kommt, dass Gebäudeschäden an zwei Anwesen in der Werner-Heisenberg-Straße mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht auf vom Kraftwerk ausgelöste Erschütterungen zurückzuführen seien. Das fast 180 Seiten starke Gutachten liegt der Redaktion vor. Das Ergebnis hatte der Sachverständige auch schon in einem ersten Teilgutachten konstatiert (Bericht vom 22. November). Es geht um unterschiedliche Risse an zwei Gebäuden, unter anderem dem von Werner Müller, dem Vorsitzenden der Bürgerinitiative Geothermie Landau, östlich des Kraftwerks im Gewerbegebiet am Birnbach. Nach Angaben eines Daldrup-Sprechers sind in den vergangenen Jahren jeweils 2000 bis 3000 Euro Entschädigungen an Hausbesitzer gezahlt worden, in aller Regel habe es sich aber um Kulanzzahlungen gehandelt. „In fast allen Fällen war es so, dass ein Schaden nicht wirklich nachgewiesen werden konnte.“ Im Fall Heisenberg-Straße hält der Karlsruher Sachverständige Konstruktionsweise (große Deckenspannweiten, nicht von oben bis unten durchgehende Außenwände) und Baumaterialien des Müllerschen Gebäudes für ursächlich. Die zwei stärksten Erdstöße vom 15. August und vom 14. September 2009, die nach Auffassung einer Expertenkommission auf den Kraftwerksbetrieb zurückzuführen waren, könnten nicht zu den Gebäudeschäden geführt haben. Selbst bei sehr empfindlichen Gebäuden könnten Schäden mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Allenfalls könnten Erschütterungen Risse partiell ausgelöst oder begünstigt haben. Diese wären aber auch von selbst früher oder später aufgetreten. Im Übrigen seien die Risse eher eine optische Beeinträchtigung, stellten aber keine Gefahr für die Standfestigkeit dar. Der BI-Vorsitzende Müller sagt, das neue Teilgutachten unterscheide sich nur minimal vom ersten. Der Sachverständige sei von Daldrup bestellt und bezahlt, und Fehler in seinem Papier seien leicht zu belegen. Unter anderem habe er nicht einmal auf Messwerte des Landesamtes für Geologie zurückgegriffen. Daldrup hält solche Aussagen für eine Unterstellung. Das Unternehmen plant, seine Reinjektionsbohrung doppelwandig auszubauen und die Sicherheitstechnik deutlich zu verbessern. Somit könne die Geox GmbH als Betreibergesellschaft das Kraftwerk in den nächsten Wochen wieder in Betrieb nehmen (ausführlicher Bericht: Südwestdeutsche Zeitung). Auf diese Ankündigung hat der Landauer Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer (SPD) gestern sehr verschnupft reagiert: „Nicht Herr Daldrup entscheidet, wann das Kraftwerk wieder in Betrieb genommen wird, sondern das Bergamt in Abstimmung mit den zuständigen Behörden.“ Aus Sicht der Stadt könne die oberflächennahe Leckage nicht die immensen Bodenhebungen ausgelöst haben. Die Resolution des Stadtrates gelte weiter: Der Kraftwerksbetrieb in unmittelbarer Nachbarschaft zu Wohngebieten sei den Menschen nicht vermittelbar. „Daldrup versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen“, sagt der BI-Vorsitzende Müller: Der Austritt von Tiefenwasser sei nicht wegzudiskutieren, das Leck aber noch nicht geortet. Seine Interpretation: Daldrup wolle seine Aktionäre beruhigen, da seine Geothermie-Projekte nicht gut liefen. Ein Kraftwerk in Taufkirchen/Bayern sei noch immer nicht in Betrieb. In Kehl klage die Stadt mit Unterstützung von Rechtsanwalt Werner Forkel aus Steinweiler gegen den Hauptbetriebsplan, und in Mauerstetten/Bayern sei die Bohrung nicht erfolgreich gewesen. Dort werde nun erwogen, eine Wärmetauschersonde einzubauen, um wenigsten noch etwas Energie zu gewinnen. Solche Sonden gibt es auch in ehemaligen Ölbohrungen in der Südpfalz, unter anderem in Landau, und Bürgermeister Thomas Hirsch (CDU) hat diese Lösung auch für die Eutzinger Straße vorgeschlagen. Nach Müllers Einschätzung fürchtet die Branche, dass Daldrup mit seinem Vorgehen das Vertrauen der Bevölkerung in die Tiefengeothermie nachhaltig erschüttert. Geologiedirektor Thomas Dreher vom Geologischen Landesamt in Mainz betont, dass die Austrittsstelle des Thermalwassers noch nicht lokalisiert ist. Um sie zu finden, brauche es die 500-Meter-Bohrung. Beide Beteiligungsverfahren dafür – mit den Wasserbehörden bei der Stadt und der Struktur- und Genehmigungsdirektion – zur Bohrung und zur Überarbeitung der Anlage liefen. Erst wenn Ergebnisse dieser Bohrung vorlägen, können man entscheiden, ob das Werk wieder ans Netz geht. „Auch die Firma weiß, dass Fristen laufen. Es mag Wunschdenken des Unternehmers sein, dass alles so schnell geht“, sagte Dreher. (boe/git)

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