Landau Sie schlagen und vertragen sich

Das Wesen des Landauer Beirats für Migration und Integration war schon immer ein emotionales. Sitzen doch dort, anders als in anderen gemeinen Ratsgremien, unterschiedliche Kulturen an einem Tisch. Andere Länder, andere Sitten – nicht immer sprechen die Gewählten dieselbe Sprache. Da fliegen schon mal die Fetzen. Auch im Wahlkampf. Ortstermin Samstag, Pavillon gegenüber C&A, Mittagszeit, High Noon: Ein streitsüchtiger Zeitgenosse, der später dann im Gespräch mit der RHEINPFALZ stolz die preußische Herkunft seines Namens herauskehrt, pöbelt die Kandidaten der Liste „Leben in Landau“ an, die zur Wahl am Sonntag um Stimmen werben. Wer gewillt sei, sich zu integrieren, passe sich den deutschen Verhältnissen an, postuliert Detlef L. lauthals und herrscht die konsternierte Gruppe an: „Wenn es euch hier nicht passt, dann geht doch gefälligst dahin zurück, wo ihr hergekommen seid.“ Seine Zeit als Soldat bei der Marine gebe ihm das Recht, so zu sprechen: „Weil ich meinen Arsch für dieses Land riskiert habe“. Aber nein, betont der Mann, rechtsradikal sei er nicht. Nun ist eine solche Eskalation schon für einen gestandenen Wahlkämpfer eine Herausforderung. Erst recht aber für jemanden wie Tri Tin Vuong, der als Bootsflüchtling nur knapp mit dem Leben davon kam. Dass der nette Polizist, der zum Schlichten gerufen war, am Ende den Zusammenbruch des Vietnamesen auslöste, ist schon eine tragische Wendung des eigentlich fröhlichen Treffens. Einfühlungsvermögen ist nicht jedem Streifenbeamten gegeben. Pflichtbewusst klärte der Mann die Runde auf, dass die vermeintliche Schmähung vor dem Gesetz nicht als Beleidigung gelte. Die Wahlkämpfer konnten nur noch einpacken. Auch unter den Kandidaten herrscht nicht immer eitel Sonnenschein. Es ist wie überall, sie schlagen und vertragen sich. Beispiel: die Formation „Landau international“. Dort hat es im Vorfeld schon geknistert. Der auf Platz vier gesetzte Torsten Wollersen wirft Listenführer Siegfried Schmidt vor, sich mit der Dreifach-Nennung absichtlich Vorteile verschaffen zu wollen. Der aber beteuert, unschuldig zu sein, weil er schlicht und ergreifend „von diesen politischen Statuten zu wenig Ahnung“ habe. Dabei macht gerade seine Liste, auf der auch der Landauer Filmemacher Paul Schwarz kandidiert, den Urnengang so spannend. Dürfen sich doch erstmals auch Deutsche zur Wahl stellen. Anderes Beispiel: Weil er auf der Liste „Landau Weltfreundlich“, für die er zehn Jahre lang im Beirat saß, nun auf einen aussichtslosen Platz gesetzt war, ist Orhan Yilmaz zur Gruppe „Leben in Landau“ gewechselt. Sie führt er nun als Nachfolger des scheidenden Vorsitzenden Aydin Tas an, der nicht mehr kandidiert, aber im Hintergrund noch Fäden ziehen soll. Dafür taucht der Franzose Claude Chapat, der vor Jahren als Vize den Beirat vorzeitig verlassen hatte, wieder an zweiter Stelle hinter Listenführerin Hilal Incedere auf. Sie ist eine feste Größe in diesem Gremium seit zwei Jahrzehnten und durchaus Skandal erprobt. Am Ende müssen sich alle zusammenraufen, damit sie ihre Interessen auch in konkreten Projekten bündeln können. Der Anstoß für ein Integrationskonzept der Stadt Landau kam aus diesem Kreis. Davon profitieren im besten Fall alle Landauer, egal welcher Herkunft.

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