Landau „Salamitaktik bis zum Tunneleingang“

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Ein klarer Bruch des Koalitionsvertrages und ein besonders grober Fall von Intransparenz und Bürgerferne: So brandmarken die Bürgerinitiativen Queichtal und Landau gegen den B-10-Ausbau sowie der BUND das Vorgehen von Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) in Sachen Transitverbot für Schwerlastverkehr.

Eine fahrlässige Salamitaktik werfen die BI-Sprecher dem SPD-geführten Infrastruktur- und Verkehrsministerium und dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) vor: Beide gingen scheibchenweise gegen sämtliche Absprachen der Mediation zum umstrittenen Straßenbauprojekt vor, sagen Walter Herzog, der Vorsitzende der BI Queichtal, Ulrich Kraus für die BI Landau sowie Armin Osterheld und Ulrich Mohr für den BUND am Freitagnachmittag im RHEINPFALZ-Gespräch. Sie beklagen, dass das von Lewentz angeführte Gutachten, wonach ein Transitverbot europarechtlich nicht haltbar sei, noch immer nicht veröffentlicht sei. So ließen sich weder Auftrag noch Ergebnis bewerten. „Wir zweifeln Qualität und Relevanz an“, sagt Herzog. Zudem sei es schlechter Stil, ein Gutachten zu einem so umstrittenen Thema nicht mit den Kritikern des Vorhabens, die immerhin Partner im Mediationsverfahren gewesen seien, im Konsens zu vergeben. Das Vorpreschen des Innenministers sei „ein klarer Bruch des Koalitionsvertrages“ von SPD und Grünen im Landtag, „aber die Grünen reagieren darauf nicht“, bedauert Herzog. Wie berichtet, hatten der Südpfälzer-Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner (Grüne), Landrätin Theresia Riedmaier (SPD) und die beiden Landauer Oberbürgermeister-Kandidaten Maximilian Ingenthron (SPD) und Lukas Hartmann (Grüne) ebenfalls verschnupft auf den Lewentz-Vorstoß reagiert. Solange die Strecke nicht insgesamt vierspurig ausgebaut sei, müssten Transitverbote für Lkw zur Gefahrenabwehr rechtlich möglich sein, sagt Kraus unter Verweis auf die Straßenverkehrsordnung. Dass der durchgängig vierspurige Ausbau je kommt, zweifeln die Kritiker an. Wegen der Bruchlinien am Rand des Oberrheingrabens sei schon der Tunnel bei Annweiler viel teurer geworden als geplant; eine weitere Röhre werde, wenn sie dort überhaupt möglich sei, was Osterheld bezweifelt, extrem teuer. Dass der Bund dies je finanzieren werde, sei nicht zu erwarten – unter anderem auch deshalb, weil die sechsspurige A 6 als europäische Transversale nicht weit entfernt sei. Trotzdem trieben Bund und Land den Bau von vier Spuren bis zu den Tunnelöffnungen voran. Das müsse unweigerlich zum Chaos führen, denn ab 22.000 Fahrzeugen pro Tag sei die Leistungsfähigkeit der bestehenden Röhren erschöpft. BUND und BIs treibt auch der Schutz des Biosphärenreservats Pfälzerwald um. Zwischen Hauenstein und Hinterweidenthal werde die empfindliche Kernzone berührt, die Zerschneidung sei schon jetzt mehr als deutlich zu erkennen und könne auch mit Grünbrücken nicht abgemildert werden. Dort seien 900.000 Kubikmeter Gestein abgetragen und in fünf Tälern verfüllt worden, sagt Herzog, „das ist mit dem Biosphärengedanken nicht vereinbar“. Dem Unesco-Biosphärenkomitee sei das Problem offensichtlich bewusst, immerhin habe es die Zerschneidung gleichwertig mit seiner Kritik an Windrädern im Wald und mit dem Ausbau von Gewerbegebieten kritisiert, aber dieser Aspekt werde von Politik und Öffentlichkeit bisher ausgeblendet, wundert sich Osterheld. Auch beim Thema Lärmschutz rechnen die Initiativen – anders als von den Befürwortern von der Pirmasenser BI Vier-Spuren-jetzt versprochen – mit einem bösen Erwachen für die Streckenanlieger: Das Bundesimmissionsschutzgesetz sei schon jetzt hoffnungslos veraltet, sagt Kraus. Daher würde ein vierspuriger Ausbau zwar stellenweise, aber längst nicht überall, mehr Lärmschutzwände bringen, aber bei Weitem keinen ausreichenden Lärmschutz . (boe) MEHR ZUM THEMA

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