Landau Mein Kaufhof - Leser erinnern sich

Schaustelle Baustelle: Für den Kaufhof mussten Häuser am Landauer Hauptbahnhof abgerissen werden. Der große „Kaufhaus-Koloss“ wu
Schaustelle Baustelle: Für den Kaufhof mussten Häuser am Landauer Hauptbahnhof abgerissen werden. Der große »Kaufhaus-Koloss« wurde innerhalb von nur 16 Monaten errichtet.

Das marode Kaufhof-Gebäude am Landauer Hauptbahnhof wird wohl 2021 abgerissen. RHEINPFALZ-Leser erinnern sich.

Eine verrückte Beziehung zum Landauer Kaufhof hat Andreas Bachtler aus Rhodt. „Der Eröffnungstag des Hauses und der Tag meiner Geburt sind identisch“, schreibt Bachtler. Er wurde am 10. April 1964 geboren – und der Kaufhof öffnete an jenem Freitag erstmals seine Türen. „Aus dem mit Spannung erwarteten Rolltreppe-Fahren meiner Mutter wurde also nichts“, berichtet der RHEINPFALZ-Leser. „Ich setzte ihr andere Prioritäten.“

"17 bitte Fernruf"

Neben der tollen Lebensmittelabteilung mit lebenden Fischen im Becken, das ihn als Kind fasziniert habe, und der oft zu hörenden Durchsage „17 bitte Fernruf“ habe er auch eine ganz persönliche Erinnerung: „Ich war sehr überrascht, dass ich zu unser beider 25. Geburtstag vom damaligen Geschäftsführer eingeladen wurde und als Geburtstagsgeschenk einen Präsentkorb überreicht bekam.“ Als Bachtler allerdings zum gemeinsamen 50. Geburtstag einen Glückwunsch schickte, sei einige Tage später nur eine „lapidare Standard-Mail eines Mitarbeiters“ zurückgekommen. „Passend zum aktuellen Zustand“, findet er. Der Kaufhof bleibe ihm aber auf jeden Fall in Erinnerung, wenn er verschwunden sein wird. „Schließlich haben wir ja was ganz Spezielles gemeinsam!“

Der Geruch von frischem Fisch

Auch viele andere RHEINPFALZ-Leser können aus der Geschichte des Kaufhauses Geschichten erzählen. „Meine Erinnerungen an den Kaufhof sind ganz eng mit meiner Mama und meiner Omi verbunden und liegen zirka 40 Jahre zurück“, schreibt Andrea Meyer. „Meine Omi hat damals in der Käseabteilung gearbeitet, und ich war mächtig stolz, als auch ich ein Stück Käse einschweißen durfte – die dabei verbrannten Finger waren schnell vergessen.“ Neben anderen Leckereien sei oft frischer Fisch gekauft worden, „den ich gemeinsam mit meiner Omi schuppen durfte – das Geräusch ist mir bis heute in den Ohren“.

Beladen mit Einkäufen auf den Bus warten

Schön seien auch die Besuche in der Cafeteria gewesen, „wenn wir beladen mit all den Einkäufen auf unseren Bus warteten“. Es gab Kalbsleber und danach Coupe Dänemark. „Wie schade, dass dies schon lange der Vergangenheit angehört, denn es gibt ja nichts Vergleichbares in Bahnhofsnähe.“ Der Kaufhof gehöre zum Landauer Bahnhofsviertel ebenso wie zu ihrer Kindheit. Der Unterführung, vor einigen Jahren zugeschüttet, trauert Meyer hingegen weniger nach. „Sie war zwar verkehrssicher, machte mir aber mit ihrer Dunkelheit und ihrem üblen Geruch Angst.“ RHEINPFALZ-Leser Reiner Bantz aus Offenbach erinnert sich noch ganz genau an jene Zeit in den 70ern, in der er mit 16 Jahren nach Neustadt zur Berufsschule musste. Zurück ging’s immer über Landau. Er habe extra Züge ausgewählt, die ihm noch kurze Abstecher in den Kaufhof erlaubten, bevor es dann nach Hause ging. „Man bekam alles, was man brauchte.“ Nur selten ging er in die Stadt. Jetzt gehe ein Stück Jugenderinnerung verloren. „Schade eigentlich.“

"Einiges in diesem Gebäude erlebt"

Auch Gisela und Stefan Leingang verbindet ein wichtiger Lebensabschnitt mit dem Kaufhof. Von 1994 bis 1997 waren die beiden Mieter der Lebensmittel-Abteilung. „Wir haben einiges in diesem Gebäude erlebt, das uns sowohl menschlich als auch beruflich geprägt hat“, berichten die Rülzheimer. Sie haben auch jene Frau auf einem alten Foto wiedererkannt, das die RHEINPFALZ abgedruckt hat. „Es zeigt eine damalige Mitarbeiterin von uns an unserem sogenannten Käsekarree im Eingangsbereich der Lebensmittel-Abteilung.“ Dort hat auch die inzwischen verstorbene Mutter von Heidi Matz aus Annweiler-Sarnstall gearbeitet – und das von Anfang an. „Als Kind gab es damals nichts Schöneres, als Rolltreppe zu fahren und Softeis zu essen.“ Softeis – das habe es damals in Landau sonst nirgendwo gegeben. „Ich durfte sogar manchmal bei meiner Mutter in der Fleischabteilung hinter die Kulissen schauen oder in der Kantine der Mitarbeiter zu Mittag essen“, blickt die heute 61-Jährige zurück. „Meine Mutter arbeitete über 25 Jahre im Kaufhof – ich habe oft meine Freizeit nach der Schule dort verbracht.“

"Die erste Rolltreppe meines Lebens"

Nach der Eröffnung 1964 fuhr auch Sibylle Johann mit ihren drei Geschwistern und dem Papa zum Kaufhof, um Rolltreppe zu fahren. RHEINPFALZ-Sekretärin Annerose Kaufmann liebte das ebenfalls: „Das war die erste Rolltreppe, die ich in meinem Leben gesehen habe.“ Sie habe sogar die Schule geschwänzt, um im Minirock rauf- und runterzufahren. „So hat man Jungs kennengelernt“, sagt Kaufmann mit einem Grinsen. Auch Rita Ackermann erinnert sich an die Fahrten – vor allem an die ins Untergeschoss, „wo es herrlich nach gegrilltem Hähnchen roch“. Mit großen Augen bestaunte sie die Karpfen im Aquarium hinter der Wursttheke. „Ja, lang ist’s her.“

"Don't Ha Ha" im Restaurant

Klaus Schäffner aus Bellheim verbindet mit dem Kaufhof vor allem eines: einen Auftritt von Casey Jones & the Governors. Ihr berühmtester Song war „Don’t Ha Ha“, der 1965 in den Charts auf dem zweiten Platz landete. Der RHEINPFALZ-Leser erlebte die englische Band im Restaurant. Peter Stiegler verbindet mit dem Kaufhof das „Standard-Essen nach der Berufsschule“ in der Imbissabteilung: Bockwurst mit Cola für ’ne Mark. Der Insheimer hatte die Eröffnung als Jugendlicher erlebt. „Es war eine neue Dimension von Kaufhaus mit Großstadtflair, wie in Saarbrücken das Peka oder in Ludwigshafen die Tortenschachtel.“ Er wünscht sich, dass das Gebäude stehen bleibt.

Große Neugierde aufs Warenhaus

Tränenden Auges hat Wilhelm Hauth die Nachricht über den geplanten Abriss aufgenommen. „Frühe Kindheits- und Jugenderinnerungen verbinden mich mit dem Kaufhof.“ Schon vor der Errichtung des Gebäudes habe es die „Tochter“ Kaufhalle gegeben (noch früher Ehape, das Einheitspreisgeschäft). „Wenn meine Eltern in Landau zu tun hatten, nahmen sie mich immer mit, und ich durfte im Imbiss der Kaufhalle eine Riesenbockwurst mit Senf verdrücken.“ Als in den 60ern bekannt wurde, dass sich die Einkaufsstätte in ein Warenhaus verwandeln wird, sei die Neugier groß gewesen. „Schon damals reifte in mir der Entschluss, Teil dieser Entwicklung zu werden – nicht nur der Bockwurst wegen!“

Sprungbrett für Kaufhaus-Karriere

So kam es, dass Hauth sich 1963 als Lehrling für die Lebensmittel-Abteilung bewarb. „Wir waren zu Beginn der Ausbildung am 1. April 1964 rund 120 Lehrlinge, nach der dreimonatigen Probezeit immerhin noch 80, denn Kaufhof bildete in vielen Berufsbildern aus“, berichtet der Landauer. Gerne erinnert Hauth sich daran, „wenn wir vom Untergeschoss aus die über ein Gangsystem erreichbaren Schaufenster bestückten, wobei wir auch nicht vor Emmentaler Käselaiben mit 70 Kilo zurückschreckten“. Im Kaufhof sei man gefördert worden und habe viele Möglichkeiten gehabt, dies als Sprungbrett für eine Kaufhaus-Karriere zu nutzen.

"Für uns Mitarbeiter ein Schock"

Birgit Bohlender arbeitet im Kaufhof – wie einst ihr Vater. Seit 40 Jahren sei sie dabei, „2/3 meines Lebens“. Als Verkäuferin habe sie viele Veränderungen erlebt – von Umbauten bis hin zu Personalabbau. „Und nun das Ende!?“, fragt sie. Das Interessanteste sei der Einbau der neuen Rolltreppen gewesen. „Da durften wir Mitarbeiter dabei sein.“ Das war Ende 2009 und dauerte eine ganze Nacht. „Die Schaufenster wurden ausgebaut, ein Schwertransporter brachte die Rolltreppen an einem Stück.“ Weniger schön war für die Kaufhof-Angestellte, dass sie nun vom drohenden Abriss aus der RHEINPFALZ erfahren hat. „Für uns Mitarbeiter war es ein Schock.“

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Fertig: Der Kaufhof im Frühjahr 1964.
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Legenden sind im April geboren: Andreas Bachtler und der Kaufhof kamen am selben Tag auf die Welt, am 10. April 1964.
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2009 wurden neue Rolltreppen eingebaut.
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Viele Leser trauern der Lebensmittel-Abteilung nach.
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In dem beliebten Kaufhaus trat sogar schon mal »Europas bekanntester Fakir« auf.
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