Landau „Jetzt Basistunnel planen“

91-81231202.jpg

„Mich erfüllt eine große Traurigkeit“, sagt Walter Herzog, Vorsitzender der Bürgerinitiative (BI) Queichtal aus Annweiler. Sein Vertrauen in Politik und Behörden sei erschüttert, denn gute Argumente wie die für kostengünstigere und schnellere Alternativen würden schlichtweg nicht gehört. Das schwierigste und teuerste Teilstücks, die Tunnelstrecke, werde einfach ausgeblendet. „Weil es in der Gesamtbetrachtung nicht funktioniert, zerlegt man die Gesamtstrecke in kleine Abschnitte und den problematischsten lässt man einfach raus“, sagt Herzog. Da reichten „ein paar Linien auf Papier“ in einer Machbarkeitsstudie, um auch den Tunnelbau als nicht abwegig erscheinen zu lassen. „Sehr unüberlegt und nicht akzeptabel“ findet es Landrätin Theresia Riedmaier (SPD), dass der Bund – weitergehend als die Landesregierung – die Strecke vierspurig bis knapp vor die Tunnel bei Annweiler bauen lassen will. „Wir bekommen den berühmten Propf im Flaschenhals mit der Aussicht auf jahrzehntelangen Umgehungsverkehr, auf Stau vor der Tunnelöffnung im Westen und auf der zweispurigen Strecke von Godramstein bis Annweiler-Ost.“ Neu sei, dass die Tunnelstrecke eine Planungsmöglichkeit bekommen hat. Das tröste aber nicht. „Meine Sorge um die Belastung unserer Orte im Queichtal ist noch größer geworden.“ „Die finanzielle Gesamtbetrachtung fehlt“, moniert Ulrich Mohr aus Hochstadt, Sprecher des BUND in der Südpfalz. Der Nutzen-Kosten-Faktor der Ausbauabschnitte im vordringlichen Bedarf sei jetzt schon lausig (wir berichteten gestern); wenn der Tunnelbau mit betrachtet worden wäre, hätte es die B 10 nie und nimmer in den vordringlichen Bedarf geschafft. Dobrindt habe eine bundesweite Netzplanung, die sich auf Engpässe konzentrieren, Zerschneidung vermeiden, Flächenverbrauch minimieren und keine hohen Umweltrisiken aufweisen sollte. Das alles werde nun missachtet. Der Abschnitt Hinterweidenthal – Hauenstein stelle eine Bedrohung für den Arten- und Naturschutz dar und berühre die größte Kernzone des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen. Dennoch enthalte der Planentwurf keine „Umwelt- und naturschutzfachliche Beurteilung“. Mohr rät abermals, die bestehende B 10 zu optimieren, zum Beispiel an Auf- und Abfahrten. Die Mediation habe dazu mehr als ein Dutzend preiswerte Vorschläge gemacht. Die Landauer Freien Wähler beklagen, dass die Engstelle der Tunnel nicht berücksichtigt wurde. Dabei seien gerade die Tunnel ein Teil des Problems, so Wolfgang Freiermuth (FWG). „Ein Ausbau der B 10 ohne eine Tunnellösung ist keine Lösung“, sagt er, denn so würden „Unfallgefahren an diesen Flaschenhälsen regelrecht provoziert“. Anders als der Landauer Oberbürgermeister Thomas Hirsch (CDU) (wir berichteten gestern), hält Freiermuth eine Umleitung des Schwerlastverkehrs für kritisch, weil „immense Umwege unnötigen Energieverbrauch und unnötige Umweltbelastung“ bedeuten würden. Die Freien Wähler halten aber ein Nachtfahrverbot für sinnvoll. Die extrem gefährlichen Auf- und Abfahrten in Birkweiler und Queichhambach müssten entschärft und der Lärmschutz verbessert werden. Als „unglaubliche Blamage für die Landesregierung“ bezeichnete der Pirmasenser Oberbürgermeister Bernhard Matheis (CDU) die Entscheidung in Berlin. „Wir haben uns mit unseren Argumenten durchgesetzt“, sagte er und lobte den Landesbetrieb Mobilität, der den vierspurigen Ausbau rein fachlich bewertet und sich nicht dem politischen Willen in Mainz gebeugt habe. Der Landrat des Kreises Südwestpfalz, Hans Jörg Duppré (CDU) ist überzeugt, „dass offensichtlich die Bundesregierung in Übereinstimmung mit dem überwiegenden Teil der Südwestpfalz den Ausbau der B 10 als lebensnotwendige Infrastrukturmaßnahme bewertet“. Duppré erwartet nun, „dass in der Südpfalz die Maßnahmen zur Infrastrukturstärkung der Südwestpfalz solidarisch mitgetragen werden“. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Anita Schäfer (Pirmasens) dankte gestern allen Mitstreitern. Besonders nannte sie die Mitglieder der Bürgerinitiative „B 10 – Vier Spuren jetzt“, sowie Kurt Ertel und Richard Lutz vom Landesbetrieb Mobilität. Anders als ihr Parteifreund Hirsch meint sie, dass mit der Möglichkeit zur Schaffung von Planungsrecht für die gesamte Strecke sich auch das Argument der Ausbaugegner von einer „Salamitaktik“ und Verkehrschaos erledigt habe. Vom „ganz großen Durchbruch“ sprach Erich Weiss, Vorsitzender der Bürgerinitiative „B 10 - vier Spuren jetzt“. Was ihn besonders freut: Die kritische Tunnelstrecke zwischen Rinnthal, Annweiler und Godramstein (wofür im Bundesverkehrswegeplan Kosten von 244 Millionen Euro genannt werden) werde nicht ausgespart. Die Straßenplaner könnten jetzt wenigstens schon damit beginnen, eine Lösung für Annweiler zu suchen. „Mehr war realistischerweise nicht zu erwarten“, sagte Weiss. Bernd Schumacher, Sprecher der Grünen im Kreis Südwestpfalz, sprach von einem „kompletten Debakel“ für die Ausbaubefürworter, weil sie den durchgängig vierspurigen Ausbau nicht durchgesetzt hätten. Er rechne wegen der schwierigen Verkehrsverhältnisse – Felsnase bei Hauenstein, Umgehung Wilgartswiesen, Frauenstein, Abfahrt Hauenstein – mit „25 Jahren Verkehrshorror auf der B 10.“ Die CDU-Landtagsabgeordnete Susanne Ganster aus Erfweiler begrüßt, dass nun „nahezu die gesamte B10 vierspurig“ ausgebaut werden solle. Selbst für die „Tunnelproblematik“ würden Lösungen aufgezeigt. „Die Bundesregierung hat die Fehler rot-grüner Landespolitik korrigiert“, sagte der CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Weiner aus dem Wahlkreis 48, zu dem auch die Verbandsgemeinde Annweiler gehört. Dass der B-10-Ausbau „von vorne bis hinten“ im Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde, werde auch in der Verbandsgemeinde Annweiler von einer Mehrheit der Bevölkerung so gewünscht. Der Bund gebe wohl kaum Millionen Euro für eine aufwändige Planung aus, wenn er nicht vorhabe, diese Strecke dann auch zu bauen. Er sei sicher, dass dann auch die Anliegergemeinden erkennen, dass mit dem Ausbau ein besserer Lärmschutz komme und die Anlieger entlastet werden, weil es dann auch bei Sperrungen der B 10 keine Umleitung mehr durch die Orte geben werde. Nach Weiner’s Vorstellungen sollte eine solche Planung einen komplett neuen und um ein Drittel kürzeren doppelröhrigen Basis-Tunnel vorsehen. (boe/pr)

x