Landau Europa-Abgeordnete Schneider: Im Zweifel für EU-Atomwaffen

Das Redaktionsteam (von links) Sabine Schilling, Judith Hörle, Christoph Demko, Jörg Petri und Sebastian Böckmann im Gespräch mi
Das Redaktionsteam (von links) Sabine Schilling, Judith Hörle, Christoph Demko, Jörg Petri und Sebastian Böckmann im Gespräch mit der Europaabgeordneten Christine Schneider.

Die Südpfälzerin Christine Schneider tritt bei der EU-Wahl an. Sie kritisiert den Umgang mit Lebensmitteln und erklärt, warum sie als Pazifistin Atomwaffen nicht ausschließt.

Bauernproteste, das Erstarken rechtsextremer Kräfte und Sicherheitsbedenken; all das sind Themen, die die Menschen in der Südpfalz teils deutlich sicht- und hörbar beschäftigen, Stichwort Demos für Demokratie und Vielfalt. Es sind aber auch Themen, deren Dimension größer ist, die nicht auf unsere Region und auch nicht auf Deutschland beschränkt sind. Das wird beim Redaktionsbesuch von Christine Schneider deutlich. Seit 2019 ist die 51-jährige Edenkobenerin Mitglied des Europäischen Parlaments und dort Teil der CDU/CSU-Gruppe in der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP). Geht es nach Schneider, wird auch die am 9. Juni anstehende Europawahl nichts daran ändern, dass sie die Region Rheinhessen-Pfalz in Straßburg und Brüssel vertritt. Wobei sie sich noch nicht dem Wahlkampf widmet, wie sie erzählt. „Ich bin noch bis Ende April voll in der inhaltlichen Arbeit.“

Diese umfasst unter anderem das weite Feld der Landwirtschaftspolitik. Sie sei froh, dass die Landwirtschaft ihr Schweigen gebrochen hat, sagt Schneider zu den Protesten der Bauern in vielen Ländern Europas. „Eine Radikalisierung geht aber natürlich nicht.“ Allerdings sollte man auch nicht den Eindruck erwecken, dass der Berufsstand in die rechte Ecke abdrifte. Oft sei es nur die erste Reihe, die dann die ganze Branche in Verruf bringe. Grundsätzlich gehe es bei Weitem um mehr als nur – mit Blick auf Deutschland – die Kürzung der Agrardieselrückvergütung und den Wegfall der Kfz-Steuerbefreiung.

„Die Bauern müssen immer billiger produzieren“, sagt Schneider. Unter anderem deshalb, weil Supermarktketten, vor allem Discounter wie Aldi oder Lidl, den Erzeugern nur wenig Geld für deren Produkte bezahlen. Die EU-Abgeordnete sieht an dieser Stelle die Verbraucher in der Pflicht. „Der Discounter legt das ins Regal, was wir kaufen.“ Das Problem: Vor allem hierzulande wird nur allzu gerne bei Lebensmitteln gespart. Deutschland sei das Schlusslicht in Europa, wenn es darum gehe, wie viel Einkommen pro Kopf für Nahrungsmittel ausgegeben wird. „Wir müssen uns ehrlicher machen“, fordert Schneider. In Umfragen werde von vielen angegeben, dass sie auf regionale Produkte achten und dafür auch mehr bezahlen würden. Die Realität sehe aber anders aus. Schneiders Schlussfolgerung: „Etwas stimmt nicht mehr mit der Wertschätzung von Lebensmitteln.“ Die neueste Technik zu haben, sei wichtiger als gute Lebensmittel. Um dem entgegenzuwirken, müsse mit der Ernährungsbildung viel früher angefangen werden, und zwar schon in der Kita.

Schneider: EU bringt Mehrwert bei Sicherheit, Energie und Migration

Stichwort Entgegenwirken. Das passiert auch gerade vielerorts in puncto Rechtsextremismus. „Das muss jetzt auch weitergehen“, sagt Schneider zu den Kundgebungen in Deutschland. „Wir dürfen nicht nur das reine AfD-Bashing betreiben, wir müssen sie inhaltlich stellen“, fordert sie. Womit schnell das Thema Asylpolitik und Migration auf den Tisch kommt. „Da haben wir seit 2015 nicht geliefert“, bekennt die Europapolitikerin selbstkritisch. Das führt zu Unzufriedenheit, die zum Beispiel AfD-Chefin Alice Weidel dazu nutzte, einen „Dexit“, also einen Austritt Deutschlands aus der EU ins Gespräch zu bringen. „Glaubt ihr wirklich, Deutschland kann sich alleine behaupten?“, fragt Schneider als Reaktion darauf rhetorisch.

„Wir müssen klarmachen, was wir am geeinten Europa haben.“ Es gebe Bereiche, in denen die EU einen riesengroßen Mehrwert bringe. Als Beispiele nennt Schneider die Energiepolitik, die Asyl- und Migrationspolitik und die Sicherheitsunion. Gerade junge Menschen stellten zu den beiden letztgenannten Themen ganz konkrete Fragen. Ein Umstand, der im Vorfeld der letzten Europawahl 2019 noch ganz anders war. „Es gibt eine Verschiebung der Themen bei Jugendlichen. Vor fünf Jahren ging es nur um Klimaschutz und um Uploadfilter“, stellt Schneider fest. Warum es für sie wichtig ist, zu wissen, was die Jugendlichen bewegt? Unter anderem deshalb, weil im Sommer erstmals auch 16- und 17-Jährige das EU-Parlament wählen dürfen.

„Schlechte Stimmung entspricht nicht der Realität“

Ernst wird Schneiders Miene beim Thema europäische Atomwaffen. Über deren Anschaffung wird angesichts aggressiver Töne aus Russland und spätestens seit Donald Trumps Drohung, die USA stünden mit ihm als Präsident NATO-Partnern im Falle eines Angriffs nicht bei, öffentlich diskutiert. „Die Pazifistin in mir sagt Nein“, sagt eine nachdenkliche Europaabgeordnete. Meine man es aber ernst mit der Abschreckung, müsse sie sagen: „Ich würde es nicht verneinen.“ Friedenspolitik sei manchmal eben auch Abschreckungspolitik.

Derlei Worte klingen sehr negativ. Wie so vieles dieser Tage. Schneider wünscht sich, dass die Menschen, gerade in Deutschland, wieder positiver denken. „Die negative Schlagzeile verkauft sich besser als die gute Nachricht“, denn das Positive sei ja selbstverständlich und nicht der Rede wert. Eine deutliche Kritik an den Medien. Denn, so Schneiders Einschätzung: „Die schlechte Stimmung entspricht nicht der Realität.“

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