Landau Ein Christkind aus Eritrea

Fana Yemane und Tinbit Mehari mit deren Sohn Sanksar Debesay stammen aus Eritrea am Roten Meer. Die beiden Frauen sind nicht miteinander verwandt. Die Vier-Zimmer-Wohnung teilen sie sich mit zwei jungen Männern aus Somalia am Horn von Afrika. Drei weitere Landsleute, die nicht weit entfernt wohnen, sind gerade zu Besuch gekommen, denn Sanksar feiert seinen sechsten Geburtstag. Popcorn und Gebäck stehen auf dem Tisch, dazu ein Kuchen mit sechs Kerzen darauf. Sanksar sagt artig Hallo, lächelt schüchtern, schaut dann wieder gebannt auf den Zeichentrickfilm im Fernsehen. Fana stammt aus Quala, nahe der äthiopischen Grenze. Sie ist Christin, ebenso wie ihre anwesenden Landsleute. Weihnachten hat Fana auch in Eritrea gefeiert. „Aber nicht so wie hier, nicht mit vielen Geschenken, und wir haben auch keinen Tannenbaum.“ Die Familie gehe zur Kirche und esse gemeinsam. Wahrscheinlich, meint Fana, werde sie in Landau die Messe in der nahe gelegenen Marienkirche besuchen. Alles Weitere werde sich ergeben. Ein durchorganisiertes Festtagsprogramm wie hierzulande mit straffem Feiertagsplan – Heiligabend Kirche, daheim Kartoffelsalat und Würstchen, Bescherung; am ersten Weihnachtstag Oma und Opa mütterlicherseits besuchen, am zweiten die Großeltern väterlicherseits – das alles ist Fana und ihren Freunden fremd. „Bei uns zu Hause gibt es meistens große Familien und wir sind sowie immer alle zusammen“, meint der 32-jährige Yahans Abraha. Fana lebt seit Anfang Juli dieses Jahres in Landau, hinter ihr lag da schon eine über einjährige Odyssee. Von Eritrea sei sie über den Sudan, Libyen und per Schiff übers Mittelmeer nach Italien gekommen. Warum sie aus ihrer Heimat floh, kann sie erklären. Die Verständigung ist schwierig, da sie außer ihrer Muttersprache Tigrinya nur wenig Deutsch und kaum Englisch spricht. „Es gibt keine Freiheit in unserem Land“, sagt ihr Landsmann. Drei Schwestern, drei Brüder und ihre Mutter habe sie zurücklassen müssen, der Vater sei tot, erzählt Fana mit trauriger Stimme. Was sonst nur in den Nachrichten zu sehen ist, ist plötzlich ganz nah, und die eben noch fröhliche Stimmung in dem kleinen Zimmer kippt. Die 24-jährige Tinbit rettet die Situation, denn während sich die anderen unterhalten, hat sie auf dem Boden, vor einem kleinen Gaskocher hockend, die traditionelle eritreische Kaffeezeremonie vorbereitet. Dabei werden die Kaffeebohnen über dem Feuer geröstet und mit einem Stößel gemahlen. Tinbit schüttelt das Pulver in eine bauchige Flasche, gibt Wasser hinzu und bringt die Mischung zum Kochen. Dann reicht sie den Kaffee in kleinen henkellosen Tassen – er hat eine Karamell-Note und schmeckt köstlich. Gastfreundschaft sei sehr wichtig in ihrer Heimat, erklärt Fana, auch wenn man selbst wenig habe. Im Landauer Café Asyl habe sie freundliche Menschen kennen gelernt, die ihr einen Sprachkurs ermöglichen. Heute, an Heiligabend, feiert Fana ihren 19. Geburtstag. Ihr Wunsch? „Besser Deutsch lernen, eine Ausbildung machen, dass ich hier bleiben darf.“ Für eine bessere Zukunft. Das wäre Fanas schönstes Geschenk.

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