Landau Burgruine wird Schauplatz eines Verbrechens

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Die Kropsburg bei St. Martin hat schon einiges hinter sich: Das ehemalige Schloss verfiel zu einer Ruine, die zeitweise wenig adlige Bewohner beherbergte und schließlich sogar Schauplatz eines Verbrechens wurde. Ein Rückblick.

„Nicht weit von dem freundlich gelegenen Städtchen Edenkoben […] begegnen wir bei dem Dörfchen St. Martin den Ruinen des ehemals Dalberg’schen Schlosses Kropsburg. Sie sind in manchen Theilen noch wohl erhalten, werden aber entstellt durch die, von mehreren Familien bewohnten, ärmlichen Hütten, welche an das alte Mauerwerk angeklebt sind.“ Die große Zeit der Kropsburg lag bereits lange zurück, als Franz Weiss im Jahr 1840 seine Schilderung „Die malerische und romantische Pfalz“ veröffentlichte. Dabei erwähnte er auch, dass in der Burgruine seit Jahren Bewohner hausten, die alles andere als von adeliger Abstammung waren. Auf diese „Kolonie“ hatte schon Michael Frey bei seiner Beschreibung des königlich-bayerischen Rheinkreises Mitte der 1830er Jahre aufmerksam gemacht. Der Hatzenbühler Pfarrer berichtete, dass der damalige Besitzer der Burgruine, ein Edenkobener Bürger, der diese zu Beginn des 19. Jahrhunderts von den Herren von Dalberg erworben hatte, die verbliebene Bausubstanz selbst nach Kräften verringerte, indem er „die schönsten Thürme abbrechen“ ließ, „um das Material zum Festungsbaue von Germersheim“ zu verkaufen. Über seine Begegnung mit den Bewohnern der Ruine berichtete August Becker im Jahr 1857 in „Die Pfalz und die Pfälzer“: „Da wir die ausgedehnte Ruine betreten, kommen uns spielende Kinder auf dem Grasplatz entgegen. [...] Wir bemerken verschiedene, an die Mauer geklebte Hütten, in der alten gebrochenen Burg regt es sich, an niederen Fenstern zeigen sich bleiche Gesichter; denn armes Volk bewohnt jetzt die alte Burg der reichsten und stolzesten Barone des römischen Reiches – mehr als hundert geringe Leute hausen hier.“ Die Nachrichten über die Bewohner der Burgruine hatten auch Ludwig I. erreicht, der alle zwei Jahre die Sommermonate auf der „Ludwigshöhe“ bei Edenkoben verbrachte. Er gewährte ihnen im Oktober 1852 eine Zuwendung von 300 Gulden, die zum Ankauf von Hanf zum Spinnen (das heißt zur Herstellung einfacher Kleidung) bestimmt war. Zehn Jahre später, im August des Jahres 1862, waren es sogar 500 Gulden, die Ludwig I. aus der Staatskasse entnahm, um den Bau einer Wasserleitung zu ermöglichen. Für Schlagzeilen sorgten die Burgbewohner im Jahr 1836, als die Ruine zum Schauplatz eines Verbrechens wurde. Am 20. Juni 1836 erschlug der dort lebende Georg Friedrich Seitz seinen Zwillingsbruder, Valentin. Die gerichtlichen Ermittlungen ergaben, dass die Brüder gemeinsam mit ihrer Mutter ein Haus auf der Kropsburg bewohnten, wobei es häufiger zu Handgreiflichkeiten zwischen den Brüdern gekommen war. So berichtete das „Edenkobener Anzeigeblatt“: „Der Angeklagte griff seinen Bruder zuerst an, worauf sie sich wechselseitig packten, sich zuerst in der Stube, dann in dem Hausgange herumtummelten und endlich miteinander in die Küche kamen, wo zufälliger Weise mehrere Kegel und zwei Kugeln auf dem Boden lagen; der Angeklagte ergriff nun während des Streites einen dieser Kegel und versetzte mit demselben seinem Bruder einen so heftigen Schlag auf den Kopf, daß dieser sogleich besinnungslos zu Boden stürzte und nach Verlauf von einer Viertelstunde seinen Geist aufgab.“ Zwar lieferte Georg Friedrich Seitz den Behörden im Anschluss an die Tat eine abweichende Beschreibung der Ereignisse und behauptete gar, sein Bruder habe ihn angegriffen und dass er zur Notwehr greifen musste. Doch die Mutter hatte sich unmittelbar nach dem Totschlag zum Bürgermeister von St. Martin begeben und dort geschildert, dass sie den Streit mit angesehen hatte. Die Geschworenen des Assisengerichts in Zweibrücken, wo der Fall am 23. August 1836 verhandelt wurde, erkannten die Schuld des Angeklagten, so dass ihn das Gericht zur Zwangsarbeit auf Lebenszeit, zur Brandmarkung und zur Ausstellung am Pranger verurteilte. „Wenn die Gnade Seiner Majestät des Königs die Accessorien [d.h. die zusätzlich zur Zwangsarbeit verhängten Strafen] nicht erlassen, so dürften die Bewohner Edenkobens wohl bald das Bild einer Brandmarkung und Ausstellung an den Pranger zur Ansicht bekommen. Ein herzergreifender Anblick, selbst ohne Brandmarkung, welcher in Landau und Bergzabern in kurzem Zwischenraum zweimal sich darbot“, bemerkte dazu das „Edenkobener Anzeigeblatt“. |lh

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